Geschreddert wurde nicht wegen Ibiza

Archivbild: Festplatten wurden zur Firma Reisswolf gebracht
Archivbild: Festplatten wurden zur Firma Reisswolf gebrachtAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Die Staatsanwaltschaft kann in der Vernichtung von Festplatten aus dem Kanzleramt keinen Zusammenhang mit der freiheitlichen Videoaffäre erkennen. Geprüft wird aber noch, ob die Aktion anderweitig strafbar war.

Wien. Die Zerstörung von Druckerfestplatten kurz vor dem Ende der Amtszeit von Sebastian Kurz als Kanzler hatte zu diversen Mutmaßungen geführt. Auch ein Zusammenhang der Speicher mit dem Ibiza-Video, über das Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gestolpert war, wurde mancherorts in den Raum gestellt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) begann mit Ermittlungen in dieser Causa.


Nun aber zeigt sich, dass kein Konnex zwischen dem Schreddern der Festplatten des Kanzleramts und der Ibiza-Affäre gefunden werden konnte. „Nach derzeitigem Ermittlungsstand gibt es keinen Zusammenhang“, erklärte ein Sprecher der WKStA der „Presse“. Die Außenstelle Graz der WKStA hatte die Vorwürfe geprüft.
Das nunmehrige Ermittlungsergebnis heiße aber nicht, dass das Verfahren eingestellt worden sei, betont die WKStA. Der Fall wandere nun aber mangels Konnex zu Ibiza an die Staatsanwaltschaft Wien. Sie muss prüfen, ob abseits dieser Causa strafrechtliche Delikte durch das Zerstören der Festplatten erfüllt wurden.

Es dürfte hierbei um die möglichen Delikte Betrug, Sachbeschädigung und Datenbeschädigung gehen, die schon die WKStA prüfte. Die Staatsanwaltschaft Wien, die den Akt selbst erst bekam, konnte am Montag noch nicht sagen, ob nicht auch andere Tatbestände geprüft werden.

Ein junger Mitarbeiter des Kanzleramts hatte die Festplatten im Mai unter falschem Namen zum Schreddern bei der Firma „Reisswolf“ gebracht. Dem Mann war wichtig, dass die Festplatten drei- statt wie üblich einmal geschreddert wurden. Das machte es erst recht unmöglich, den Inhalt der Festplatten zu eruieren. Es nährte aber auch Mutmaßungen, dass auf den Festplatten etwas Pikantes gespeichert sein könnte.

Rechnung nicht bezahlt

Öffentlich wurde die Affäre nur, weil der junge Mann in seinen Plan nicht einkalkuliert hatte, die Rechnung zu bezahlen. Sie wurde erst beglichen, nachdem die Firma den Mann gesucht und gefunden hatte. Reisswolf-Mitarbeiter erkannten ihn an der Seite von Sebastian Kurz wieder, als dieser im TV eine Rede hielt.

Die ÖVP hat stets dementiert, dass die geschredderten Festplatten in irgendeinem Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre stehen. Dass die WKStA überhaupt in diese Richtung ermittelte, empörte die Volkspartei.
Dass das Schreddern aus Sicht des Kanzleramts in Ordnung war, ist seit vergangener Woche klar. Kanzlerin Brigitte Bierlein hatte in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung erklärt, dass sich auf den zerstörten Speichern lediglich temporäre Daten befunden hätten. Diese müssten nicht archiviert werden. Die Vernichtung von Festplatten durch externe Unternehmen sei rechtskonform. Auch nach Ende der Amtszeit von Kanzler Christian Kern (SPÖ) waren etwa Daten geschreddert wurden – diesfalls freilich ohne Decknamen.
Gleichzeitig hatte Bierlein in ihrer Anfragebeantwortung erklärt, dass sie nicht dafür zuständig sei, ein etwaiges strafrechtliches Verhalten zu prüfen. Dafür ist nun die Staatsanwaltschaft Wien zuständig.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.