Gemeindedienst-Gewerkschafter wollen die Frage bei SPÖ-Umverteilungsdebatte klären. Bei den Pensionen fordert Vorsitzender Meidlinger einheitliche Regeln für alle bei Zuerwerb.
wien. Für führende SPÖ-Gewerkschafter ist die Diskussion über eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer samt Freigrenzen nicht beendet, auch wenn Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann mit dieser Idee keine Freude hat. „Ich sage, es soll kein Tabuthema sein“, betont der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, der Wiener Christian Meidlinger (SPÖ), im Gespräch mit der „Presse“. Diese Frage solle mit einem Gesamtkonzept wie andere SPÖ-Pläne für vermögensbezogene Steuern auf den Tisch kommen.
Das Modell der Privatangestelltengewerkschaft (GPA) sei „eine hervorragende Diskussionsgrundlage“. Er könne sich vorstellen, dass die Freigrenze für die Erbschaftssteuer bei 500.000 oder 750.000 Euro liege, so Meidlinger.
„Ein Paradies für Vermögende“
Er drängt darauf, dass es im Zuge der kommenden Budgets zu mehr Umverteilung kommt: „Wir sind in Österreich nach wie vor ein Paradies für Vermögende.“ Die intensiv diskutierte Finanztransaktionssteuer bringe womöglich keinen großen Betrag zur Budgetsanierung, es gehe aber auch „um Symbolik und das Vertrauen in eine gerechte Gesellschaft“.
Mehr Gerechtigkeit ist auch der Grund, warum sich der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten für einheitliche Regeln für alle Bezieher von Pensionen ausspricht, die im Ruhestand einer (gemeldeten) Beschäftigung nachgehen. Derzeit ist das in Österreich nicht der Fall.
Bundesbeamte im Ruhestand dürfen wie Landes- und Gemeindebeamte nach einem regulären Pensionsantritt dazuverdienen, ohne dass die Pension gekürzt oder ganz gestrichen wird. Für ASVG-Versicherte oder Eisenbahnerpensionisten gelten sogenannte Ruhensbestimmungen: Bei einem Zuverdienst über 366 Euro brutto im Monat wird ein Teil oder die komplette Pension nicht ausbezahlt.
In den Gemeinden und Ländern sind derzeit auch die Vertragsbediensteten dadurch benachteiligt. „Ich finde das nicht fair“, sagt Meidlinger. Er sei dafür, dass alle Bevölkerungsgruppen gleich behandelt werden: „Entweder man schafft sie für alle ab oder man macht sie für alle.“
Für die Wiedereinführung von Ruhensbestimmungen auch für Beamte wäre eine Verfassungsbestimmung notwendig. Die Abschaffung auch für ASVG-Pensionisten könnte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) einleiten. Ob er Verständnis habe, dass sein Vorgänger als Chef der Gemeindebediensteten, Hundstorfer, die Benachteiligung der Vertragsbediensteten noch nicht geändert habe? Meidlinger befürchtet negative Folgen angesichts der hohen Arbeitslosenrate. Vorrangiges Ziel sei, Beschäftigung zu schaffen, argumentiert er. Daher habe er Verständnis für die Haltung des Ministers.
Nein zu einer Nulllohnrunde
Mit Überlegungen für eine Nulllohnrunde im öffentlichen Dienst und Forderungen, die Pensionsreformen des Bundes auch in den Ländern, etwa in Wien, ganz nachzuvollziehen, beißt die Bundesregierung bei Meidlinger auf Granit. „Wenn es nach den Plänen des Finanzministeriums gegangen wäre, hätten wir in den letzten zehn Jahren nie eine Gehaltserhöhung bekommen“, meint er.
Erstens sei die Diskussion über eine Nulllohnrunde jetzt im Frühjahr statt im Herbst „viel zu früh“. Zweitens „wäre eine Nulllohnrunde das falsche Signal“. Unter den Gemeindebediensteten gebe es wie etwa in Banken viele Alleinerzieherinnen mit 1200 bis 1300 Euro netto. Man müsse ihm einmal erklären, wo der Unterschied sei, wenn die Zweitere eine Gehaltserhöhung erhält, Erstere aber nicht.
„Nicht als Selbstzweck im Büro“
Neben der Regierung drängt der Rechnungshof auf eine raschere Anpassung des Pensionsrechts für Wiener Gemeindebeamte an die Regelung im Bundesdienst. Dort ist seit 2005 das Beamtenpensionsrecht für Neueintretende ein Auslaufmodell. Meidlinger verteidigt die Wiener Lösung: „Wir erreichen das gleiche Ziel, aber in langsameren Schritten.“ Anders als im Bund gilt in Wien ein Übergangszeitraum bis 2042 statt 2028.
Als Privileg will er das dennoch nicht sehen: „Der Bund soll sich einmal die Komplexität des Systems und die Nachteile anschauen.“ So dürfen etwa Beamtinnen, anders als Frauen im ASVG, nicht mit 55, sondern erst mit 60 in Frühpension gehen. Bei der Verwaltungsreform macht er geltend, die Mitarbeiter würden „nicht zum Selbstzweck ins Büro gehen“. Zuerst müsse es daher eine Festlegung geben, welche Aufgaben für die Bürger erfüllt werden müssten.
ZUR PERSON
■Christian Meidlinger (46), in Wien geboren, gelernter Elektromechaniker für Schwachstrom, wurde nach mehr als 20 Jahren Gewerkschaftsaktivität 2006 geschäftsführender Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und somit Nachfolger des jetzigen Sozialministers Rudolf Hundstorfer. Meidlinger, seit 2007 für die SPÖ im Wiener Gemeinderat, ist das Pendant zu Fritz Neugebauer im Bundesdienst.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2010)