Formel 1: Leclercs Premieren-Sieg befeuert Wachablöse bei Ferrari

Leclerc gilt als kommender Weltmeister
Leclerc gilt als kommender WeltmeisterAFP (BENOIT DOPPAGNE)
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21-jähriger Monegasse machte Vierfach-Weltmeister Vettel inSpa zum Wasserträger und übernahm vor Monza Führungsrolle beider Scuderia. Dabei war das Schicksal bisher grausam zu ihm.

Helferrolle statt Befreiungsschlag - zumindest im Belgien-Rennen musste Sebastian Vettel bei Ferrari schon ins zweite Glied. Ob der Premieren-Triumph seines elf Jahre jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc in Spa bereits die Wachablöse bei der Scuderia war, kann sich Sonntag in Monza zeigen. Schon lange nicht hat ein Pilot in der Formel 1 so eingeschlagen wie der 21-jährige Monegasse.

Der im Kart groß gewordene Leclerc hat einen so enormen Grundspeed, dass er 2016 die GP3- und 2017 die Formel-2-Meisterschaft gewann und nach seinem Einstieg bei Sauber nun gleich im ersten Ferrari-Jahr zum ersten Formel-1-Sieger aus Monaco überhaupt avanciert ist. Dass es erst im 13. Saisonrennen passierte, war eigentlich erstaunlich. Denn der 2019 statt Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari sitzende Leclerc hätte ohne technische Probleme schon beim zweiten Saisonauftritt in Bahrain gewonnen. Zuletzt in Österreich wurde er als Führender erst in der letzten Runde von Max Verstappen überholt.

Leclerc ist wie der gleichaltrige Verstappen aber nicht nur ein blutjunger Sieger. Der junge Mann aus der Formel-1-Hauptstadt Monaco hat schon enorm viel mitgemacht. In Spa fuhr er am Sonntag 44 Mal an der Stelle vorbei, an der einen Tag zuvor sein Freund und Rennfahrerkollege Anthoine Hubert in einem Formel-2-Rennen tödlich verunglückt war. Sein Fahrkönnen perfektioniert hat Leclerc auf der Kartstrecke des Vaters seines Freundes und Mentors Jules Bianchi. Der Franzose verunglückte im Oktober 2014 in Japan so schwer, dass er nach neun Monaten im Koma verstarb. 2017 holte Leclerc in Baku wenige Tage nach dem krankheitsbedingten Ableben seines Vaters Herve Pole und Sieg in der Formel 2.

„Ich mag das Adrenalin"

Das muss man erst einmal wegstecken. Leclerc war freilich schon vor Belgien der Meinung gewesen, dass ihn all diese Schicksalsschläge nur noch schneller wachsen haben lassen. Auch Angst ist bei dem Vollblut-Rennfahrer, der eine Zeit über Start/Ziel der Monaco-Rennstrecke lebte, offenbar kein Thema. "Ich bin mir bewusst, dass Gefahr Teil des Rennsports ist. Ich mag die Gefahr, ich mag das Adrenalin und ich muss Rennen fahren", sagte er einst.

Auch deshalb gilt Leclerc längst als kommender Weltmeister. Spa war eine Ferrari-Offenbarung. Während Leclerc von der Pole zum Sieg raste, wurde der neben ihm aus Reihe eins gestartete Vierfach-Weltmeister und Vorjahres-Sieger Vettel zum Wasserträger. Der Deutsche musste als erster an die Box. Später wurde er per Funk angewiesen, Leclerc vorbei zu lassen.

Dabei war Vettel als klare Nummer eins in die Saison gestartet. In Spa durfte er zumindest auf Reifenprobleme verweisen die es ihm unmöglich machten, mit seinem jüngeren Teamkollegen mitzuhalten. "Ich bin viel mehr gerutscht als er, habe den Grip einfach nicht gefunden", klagte der Deutsche. "Es war rasch klar, dass ich mit Charles nicht mitkomme. Also habe ich versucht, die Mercedes zu behindern und dem Team zu dienen. Ich war mehr oder weniger eine Straßensperre", erklärte er seine Beihilfe zum ersten Ferrari-Saisonsieg und dem ersten überhaupt seit Räikkönen im vergangenen Oktober in den USA.

Sind die Weichen gestellt?

Am Ende musste Vettel trotzdem sowohl Lewis Hamilton als auch Valtteri Bottas ziehen lassen und mit Platz vier vorliebnehmen. Eine Woche vor dem großen Heimauftritt in Italien ist damit wohl endgültig klar, dass der nach 13 von 21 Rennen schon 99 Punkte hinter WM-Leader Hamilton zurückliegende Vettel auch 2019 Ferrari nicht zum Titel fahren wird.

Wenigstens winkt Ferrari in Monza auf der nächsten Hochgeschwindigkeits-Strecke dank ausreichend PS ein ähnlich aussichtsreiches Rennen wie in Spa. Ferrari geht dort auf den ersten Heimsieg seit 2010 los. Wenn Vettel aber auch dort gegen Leclerc verliert, sind die Weichen wohl gestellt.

(APA/dpa)

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