Das mit der „doppelten Buchhaltung“ ist einfach ein Unsinn

Symbolbild mit Statue von Cosimo di Medici.
Symbolbild mit Statue von Cosimo di Medici. (c) imago images / UIG (via www.imago-images.de)
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Die ÖVP soll Kosten ihrer Kampagne vertuscht haben? Mit unserer genialen Buchungsmethode hätte es jedenfalls nichts zu tun.

Der Vorwurf steht als Stolperstein im Raum: Die ÖVP führe, als Wiederholungstäterin trotz Gelöbnis der Besserung, eine „doppelte Buchhaltung“. Gemeint ist: Die Partei verstecke einen Teil ihrer Wahlkampfkosten auf internen Listen, um offiziell unter den erlaubten sieben Millionen Euro zu bleiben. Schlimm, wenn dem so ist. Für die unversehens mit auf der medialen Anklagebank sitzende Verbuchungsmethode kann es aber nur ein flammendes Plädoyer auf „Nicht schuldig“ geben. Denn wir verdanken dieser epochalen Erfindung aus dem Oberitalien des späten Mittelalters unser modernes Wirtschaftsleben. Und die einzigen, die sich ihren Segnungen bis heute widersetzen, sind just die Kameralisten der öffentlichen Verwaltung.

Wir sollten aber auch nicht ersatzweise die „parallele Buchführung“ vor den Kadi zerren – sie ist genauso unbescholten wie die doppelte. Oder wie der ehrbare Kaufmann, der sich nicht reicher macht, als er ist. Deshalb bewertet er sein Vermögen in der Handelsbilanz dem Gesetze getreu betont vorsichtig. Der Fiskus sieht das nicht ganz so eng, er will ja von einem hoch errechneten Gewinn viel abschöpfen. Weshalb die Unternehmen zusätzlich eine Steuerbilanz erstellen müssen, also „parallel“ Buch führen.

Sie machte Fugger und Medici reich

Eine Ehrenrettung verdient hat sich jedenfalls der unbekannte Händler aus Genua, Venedig oder Florenz, der als Erster auf die Idee kam, jeden Geschäftsvorgang doppelt zu verbuchen – auf einem Konto im Soll, auf einem anderen mit identem Betrag im Haben. Erst diese Methode erlaubte es den Medici und den Fuggern, in ihren rasch wachsenden multinationalen Konzernen den Überblick zu bewahren. Während den Kaisern immer wieder überraschend das Geld ausging, wussten ihre Financiers genau, was sie an Sicherheit für Kredite fordern mussten. Warum aber genügt es bei größerem Geschäftsvolumen nicht, „einfach“ die Einnahmen und Ausgaben zu notieren?

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