Genetik trifft auf Linguistik und Archäologie

Indoeuropäische Sprachen kamen aus der Steppe.

Wer lebte vom Mesolithikum bis zur Eisenzeit, also vor 12.000 bis 2000 Jahren, in Zentral- und Südasien? Wie verbreiteten sich die indoeuropäischen Sprachen, die heute von den Britischen Inseln bis nach Indien gesprochen werden? Und wie verlief der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zur Landwirtschaft? Diese Fragen versuchte ein internationales Team von Genetikern, Archäologen und Anthropologen, darunter auch Ron Pinhasi von der Uni Wien, zu beantworten.

In der größten jemals durchgeführten Studie alter menschlicher DNA analysierten die Wissenschaftler die Genome von 524 bisher nie untersuchten prähistorischen Individuen aus Zentral- und Südasien (Science, 6. 9.). Das Erbgut wurde miteinander und mit zuvor sequenzierten Genomen verglichen sowie mit archäologischen, sprachlichen und historischen Aufzeichnungen kontextualisiert.

Viehzüchter in der Steppe

In Bezug auf die Ausbreitung der indogermanischen Sprachen erbrachte die Studie eine überzeugende Neuerkenntnis: Nicht anatolische Bauern verbreiteten diese nach West und Ost (so eine gängige Hypothese), die neue Beweislinie spricht eher für einen Steppenursprung der Sprachfamilie: Sowohl der indoiranische als auch der baltoslawische Zweig stammt aus einer Untergruppe von Steppenviehzüchtern.

Menschen aus Anatolien brachten uns in Europa also nicht die Sprachen, bekanntermaßen aber die Landwirtschaft. Ähnliches gilt, auch das zeigt die neue Studie, für den Iran und Zentralasien. Anders in Südasien: Hier kann die Ausbreitung der Landwirtschaft nicht auf Zuwanderung von Menschen aus den früheren Bauernkulturen des Westens zurückgeführt werden. (cog)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2019)

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