Lissabon hat eine veritable Wohnungskrise. Die Miet- und Eigentumspreise sind explosionsartig angestiegen. Während Touristen und Ausländer die Stadt fluten, können sich viele Lissabonner ihre Heimat nicht mehr leisten.
Für Alex Carvalho lief es nicht so wie geplant. Dabei konnte er sich keine Vorwürfe machen. Mit seinen 29 Jahren hat er einen guten Job bei einer internationalen Unternehmensberatungsfirma, er verdient deutlich mehr als ein durchschnittlicher Portugiese. Carvalho hat ein abgeschlossenes Studium, ein gesichertes Einkommen, keine Schulden, eine Freundin und ist kinderlos. Und trotzdem stand er Anfang Jänner 2019 wieder mit seinen Koffern in seinem 15 Quadratmeter großen Kinderzimmer in der Wohnung seiner Eltern in Linda-a-Velha, einem Ort an der Stadtgrenze von Lissabon.
Es war ihm nicht möglich gewesen, eine passende Mietwohnung in Lissabon und Umgebung zu finden. Aus seiner alten war er hinausgeworfen worden: Sein Mietvertrag war überraschend gekündigt worden, nachdem der Besitzer, eine große Versicherungsfirma, seine und Hunderte andere Wohnungen verkauft hatte. Da stand er also wieder: Vor ihm das buchenhölzerne Bett, der Kasten aus dem gleichen Holz, die alte Bettwäsche, der vertraute Geruch seiner Kindheit. „Darauf war ich nicht vorbereitet“, sagt er heute. Doch so wie ihm geht es seit einiger Zeit nicht wenigen in Lissabon. Viele Portugiesen haben ihre Mietwohnung verloren, haben Probleme, eine neue zu finden oder können sich ihre bestehende nicht mehr leisten. Nicht nur in Lissabon, sondern auch in Porto ein bisschen nördlicher oder im südlichen Faro an der Algarve. Und es ist wohl noch länger keine große Entspannung in Sicht.