Pröll: "Wer Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein"

Pröll: ''Wer Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein''
Pröll: ''Wer Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein''Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Finanzminister Josef Pröll legt ein Paket gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch vor. Der Staat will damit mehrere hundert Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen lukrieren.

VP-Finanzminister Josef Pröll hat ein umfassendes Paket gegen Steuer- und Sozialbetrug vorgelegt. Es enthält vier Punkte: "Steuerhinterziehung bekämpfen, Steuerflucht stoppen, Schattenwirtschaft austrocknen und Sozialmissbrauch verhindern." Das Finanzministerium will damit mehrere hundert Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen lukrieren. "Wer den Staat betrügt, betrügt uns alle. Und wer Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein", erklärte Pröll dazu.

Tatbestand Abgabenbetrug

Zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung sehen die Pläne Prölls die Einführung des Tatbestandes des Abgabenbetrugs im Finanzstrafverfahren vor. Schwerer Abgaben- und Steuerbetrug soll mit Haftstrafen zwischen einem und zehn Jahren bedroht sein. Da derzeit bei jeder Betriebsprüfung, die zu einer noch so kleinen Steuernachzahlung führt, die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens geprüft wird, soll nun eine Grenze eingeführt werden.

Etwa ab 20.000 Euro könnte erst die Prüfung eines Finanzstrafverfahrens eingeleitet werden. Da Unternehmer derzeit ihre Dienstnehmer nur der Sozialversicherung, aber nicht der Finanz melden müssen, ist es derzeit nicht möglich zu überprüfen, ob die die lohnabhängigen Abgaben auch gezahlt werden. Deshalb soll in Zukunft die Sozialversicherung diese Daten direkt an die Finanz weitergeben.

Direkte Besteuerung von Honoraren

Das Finanzministerium strebt auch eine direkte Besteuerung von Honoraren über einen Vorabzug an. Zwanzig Prozent sollen direkt vom Auftraggeber an die Finanz abgeführt werden. Derzeit werden Honorare und Vergütungen von Aufsichtsräten, Verwaltungsräten, Stiftungsvorständen, Funktionären von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Privatgeschäftsvermittler nicht unmittelbar versteuert. Versteuert der Empfänger sein Honorar nicht, so bleibt es dem Zufall überlassen, ob der Betroffene erwischt wird oder nicht.

Schwerpunktaktionen an den Grenzen

Um die Steuerflucht zu stoppen, will Pröll nicht nur bei Auslandsüberweisungen Schlupflöcher stopfen, sondern auch mit Schwerpunktaktionen an den Grenzen überprüfen, ob Bargeldtransfers von mehr als 10.000 Euro gemeldet wurden. Undurchsichtige Finanzierungsgeschäfte diverser Firmen, die nur den Zweck haben, Gelder ins Ausland zu transferieren, um so Steuern in Österreich zu vermeiden, sollen unterbunden werden.

Aufbau einer "Finanzpolizei"

Die Schattenwirtschaft will das Finanzministerium entschieden bekämpfen. Die KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) soll durch eine Aufstockung und Erweiterung ihrer Kompetenzen eine Art "Finanzpolizei" werden. Für die Lohnabgaben im Baubereich soll eine Auftraggeberhaftung eingeführt werden. Derzeit überweisen Generalunternehmer an Subunternehmer für Aufträge die gesamte Rechnungssumme. Es bleibt dem Subunternehmer überlassen, die anfallenden Abgaben abzuführen. Ob der Subunternehmer die Lohnnebenkosten tatsächlich zahlt beziehungsweise seine Mitarbeiter tatsächlich anmeldet, lässt sich jedoch nicht immer hundertprozentig nachvollziehen. In Zukunft soll nun der Generalunternehmer 20 Prozent der Rechnungssumme direkt an die Finanz überweisen - wie das bei der Sozialversicherung bereits derzeit der Fall ist. In Fällen von Geldwäsche soll künftig nicht nur das Innenministerium, sondern auch die Finanz automatisch informiert werden.

Umsetzung der Transparenz-Datenbank

Zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch knüpfen die Pläne des Finanzministeriums zum Teil an schon bekannte Forderungen Prölls wie die rasche Umsetzung der Transparenzdatenbank an. Zudem will der Vizekanzler Mehrfachbezüge unterbinden und Doppelförderungen - wie etwa Mietzinsbeihilfe des Bundes und Wohnbeihilfe des Landes - "auf ihre Rechtfertigung prüfen". Auch "Leistungskumulierer" sollen überprüft werden - es sollen Regelungen erarbeitet werden, "um ungerechtfertigte Mehrfachzahlungen und -leistungen (Kumulationen) zu unterbinden".

Kontrollen gegen "Sozialtourismus"

Aktiengewinne werden nicht versteuert, kritisiert SP-Finanzsprecher Jan Krainer
Aktiengewinne werden nicht versteuert, kritisiert SP-Finanzsprecher Jan Krainer(c) APA (Guenter R. Artinger)

Bekämpfen will Pröll auch den "Sozialtourismus". So fordert der Finanzminister von SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer  eine dichtere Kontrolle der tatsächlichen Lebensverhältnisse bei der Zahlung der Ausgleichszulage. Pröll zielt damit auf Ausländer, die in Österreich ihren Lebensabend verbringen und eine Ausgleichszulage bekommen, wenn sie - wenn auch nur kurz - irgendwann hier gearbeitet haben. Der Vizekanzler befürchtet hier Missbrauchsfälle, indem der Betroffene zwar in Österreich gemeldet ist, aber tatsächlich in seinem Heimatland wohnt. Missbrauch ortet er auch bei der Familienbeihilfe für in Österreich gemeldete Kinder, die aber nicht hier leben.

Pröll begründet seinen Vorstoß damit, dass er "Fairness für die Steuerzahler" wolle. "Österreich darf nicht Griechenland werden. Daher sage ich der Staatsverschuldung den Kampf an. Niemand soll so tun, als hätten wir hier kein Problem: Gerechtigkeit beginnt mit Ehrlichkeit", sagt der Finanzminister. "Bevor man über neue Steuern rede, muss man die Steuerschlupflöcher schließen und endlich jene zur Kasse bitten, die sich bisher gedrückt haben."

SPÖ sieht noch Lücken

Die SPÖ begrüßt zwar grundsätzlich das von Pröll vorgeschlagene Paket gegen Steuer-und Sozialbetrug, bei den vorgeschlagenen Maßnahmen würden aber noch einige Punkte fehlen, meinte Finanzsprecher Jan Krainer am Montag. Er vermisst in dem Pröll-Konzept das Thema "Steuern bei Aktiengewinnen innerhalb der Spekulationsfrist". Laut Steuerberatern würden zwischen achtzig und neunzig Prozent der Aktiengewinne, die innerhalb der Spekulationsfrist erzielt werden, nicht versteuert. "Mich interessiert, wie der Finanzminister hier vorgehen will", sagte der SPÖ-Finanzsprecher. Darüber hinaus bekräftigte Krainer erneut die Forderung nach Streichung der Spekulationsfrist.

Krainer kritisierte weiters, dass Pröll die Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung nicht ändern möchte, die unter Schwarz-Blau verkürzt wurde. "Der Finanzminister soll die Frist wieder erhöhen." Der SPÖ-Finanzsprecher erwartet sich, dass so rasch als möglich konkrete Pläne auf den Tisch gelegt werden, um darüber verhandeln zu können. Grundsätzlich findet es Krainer aber erfreulich, dass Pröll "gegen den Steuerbetrug vorgehen will und die entsprechenden Maßnahmen, die Schwarz-Blau gesetzt hat, um Steuerflucht und -hinterziehung zu erleichtern, korrigieren möchte". Für Krainer scheint es nun so, "als möchte der Minister mit einem Dogma der Schüssel-Grasser-Jahre brechen und die Finanz wieder als Anwalt aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auftreten lassen und nicht mehr nur jener Unternehmer, die möglichst Abgaben vermeiden wollen."

Kickl und Ebner skeptisch bezüglich Umsetzung

Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zeigt das von Pröll vorgeschlagene Paket deutlich die derzeitige Ineffizienz der Finanzverwaltung auf. Seiner Auffassung nach ist es höchste Zeit, gegen Steuersünder und Steuerschlupflöcher vorzugehen, man dürfe jedoch nicht über das Ziel hinausschießen. Auch BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner forderte Pröll auf, die Maßnahmen nicht nur anzukündigen, sondern auch umzusetzen. Für die Grünen greifen die Vorschläge Prölls nicht weit genug.

Kickl forderte Rücksichtnahme auf die klein- und mittelständischen Betriebe, die in Zeiten der Wirtschaftskrise oft um die eigene Existenz zu kämpfen hätten. "Es wird deutlich zwischen jenen zu unterscheiden sei, die ihre Steuern nicht zahlen wollen und jenen, die ihre Steuern nicht zahlen können", so Kickl. Er kritisierte auch, dass in dem Pröll-Papier kein Wort von den Banken zu lesen sei, die es sich allesamt in Steuerparadiesen gemütlich gemacht hätten. Der FPÖ-Generalsekretär warf der ÖVP vor, dass deren Finanzminister bisher die großen Steuerflüchtlinge mit Samthandschuhen angefasst und aufgrund der ÖVP-Klientelpolitik verschont hätten. "Man darf gespannt sein, ob sich dies nun ändert", so Kickl.

Die gleiche Skepsis herrscht auch beim BZÖ. "Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Pröll ein Ankündigungsriese, aber ein Umsetzungszwerg ist", meinte Generalsekretär Ebner, der in diesem Zusammenhang die Verwaltungsreform oder das Bankenkonkursrecht nannte.  Der stellvertretende BZÖ-Chef und Rechnungshofsprecher Gerald Grosz bot Pröll eine Wette an, dass der Finanzminister seine vier Milliarden schweren Steuererhöhungen schneller umsetzen werde als sein Maßnahmenpaket gegen die Schwarzarbeit.

Grüne: Vorschläge nicht ausreichend

Der stellvertretende Klubobmann und Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler, begrüßte zwar den von Pröll angekündigten Kampf gegen Steuerbetrug, dessen Vorschläge sind ihm aber nicht ausreichend. Der wirklich große Steuerbetrug werde durch das Bankgeheimnis enorm begünstigt und da sei Pröll säumig. Zudem werde man den Steuerbetrug nicht innerösterreichisch allein abstellen können, sondern das müsse gemeinsam und EU-weit erfolgen.

Notwendig wäre daher nach Ansicht Koglers eine effiziente Bekämpfung der Steuerflucht durch ein europaweites Angehen des Bankgeheimnisses bei den derzeit laufenden Verhandlungen der EU-Task-Force und die Schließung von Steueroasen.

(APA)

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