Nach der blutigen Niederschlagung der Proteste kehrt in Bangkok Normalität ein. 85 Menschen starben seit Beginn der Proteste Mitte März bei Zusammenstößen mit der Armee, mehr als 1500 wurden verletzt.
Bangkok. Fünf Tage nach den schwersten Ausschreitungen in zwei Jahrzehnten normalisiert sich das Leben in Bangkok langsam. Zahlreiche Geschäfte haben bis Montag in der Innenstadt wieder geöffnet, Kinder gehen wieder zur Schule. Bangkok atmet auf.
Doch die ausgebrannten Ruinen eines Kinos, eines Großmarkts und von Thailands größtem Einkaufszentrum zeugen von den Verheerungen der letzten Wochen. Kurz vor dem Einmarsch der Armee in das von Demonstranten okkupierte Viertel Bangkoks hat sich binnen Minuten die Wut explosionsartig entladen, die sich in den Wochen zuvor angestaut hat.
85 Menschen starben seit Beginn der Proteste Mitte März bei Zusammenstößen mit der Armee, mehr als 1500 wurden verletzt, die meisten sind Demonstranten.
Dementsprechend ist die Lage in Thailand weiter angespannt. Seit der Niederschlagung der Proteste gilt in Bangkok und in nahezu dem gesamten Norden und Nordwesten Thailands eine nächtliche Ausgangssperre.
Von Aussöhnung keine Rede
Von der geplanten „Aussöhnung“, von der vor Niederschlagung der Proteste die Rede war, ist indes nichts mehr zu hören. Stattdessen erließen die Behörden 75 Haftbefehle gegen Organisatoren und Unterstützer der Proteste. 22 wurden bereits festgenommen, weitere 53 sind untergetaucht.
Spekulationen mancher Analysten, Premier Abhisit Vejjajiva könnte ein versöhnliches Zeichen setzen und Wahlen vor Jahresende festlegen, um die Lage zu entschärfen, wurden enttäuscht. Er allein würde entscheiden, wann Wahlen abgehalten würden. Die Regierung rechtfertigte erneut das Vorgehen der Armee gegen die aufgrund ihrer Kleidung „Rothemden“ genannten Oppositionsanhänger und zeigte die im Protestcamp konfiszierten Waffen. Menschenrechtler werfen Armee und Regierung hingegen vor, sie hätten mit der Einrichtung von „Scharfschusszonen“ am Rande des Protestcamps Völkerrechte verletzt. Abhisit räumte ein, er sei besorgt über tödliche Schüsse in einem buddhistischen Tempel nahe des Camps. Eine Kommission solle die Vorfälle untersuchen.
Tod in der „Schutzzone“
Die Anlage war als Schutzzone ausgewiesen worden. Tausende Demonstranten, meist Frauen und Alte, waren dorthin geflohen. Soldaten sollen von Gleisen der nahen Hochbahn aus in die Menge im Tempelhof geschossen haben.
Ein ausländischer Fotograf, der dort angeschossen wurde, lehnte ein Angebot des thailändischen Königshauses, die Behandlungskosten zu tragen, ab. Sechs Menschen starben in dieser Schutzzone nach der Erstürmung des Protestcamps durch die Armee, etliche weitere wurden verletzt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2010)