Elefantenrunde, 4. Staffel

Warum wir Politdebatten derzeit schauen können wie Fernsehserien.

Ein paar Jahre ist es nun schon her, da hat die TV-Serie den Kinofilm als das meistbeachtete Bewegtbildformat abgelöst. Mit großen Auswirkungen auf Zuschauerverhalten, Produktionsgeldflüsse und Streaminplattformboom. Nun scheinen auch die politischen Debatten vor großen Wahlen in Österreich diesem Trend zu folgen. Seit der Bundespräsidentenwahl (Entschuldigung, den zig Wahlen natürlich) hat sich so etwas wie ein Serienformat für Elefantenrunden etabliert.

Während in der Ära des Fernsehmonopols und des linearen Fernsehens das eine (maximal zweite) Treffen der Spitzenkandidaten im Öffentlich-Rechtlichen zum Blockbuster des jeweiligen Wahlkampfs wurde, finden diese Gipfel nun fast im Tagesrhythmus statt. Jeder TV-Sender lädt ein, das Radio gibt sogar den Startschuss, Tageszeitungen ziehen nach. So kann man das Aufeinandertreffen der Hateful Six fast anschauen wie eine Serienstaffel.

Zwar ist der Inhalt der aktuellen Staffel eher mau, dafür ist die Figurenentwicklung umso interessanter. Zumal die Protagonisten mit jedem Auftritt lockerer und unvorsichtiger wie im Beisel am Eck werden. Bei Sebastian Kurz wirkt vor allem ein Effekt, den sich Serienschreiber erst einmal hätten ausdenken müssen: Er ist zwar der Jüngste der Runde, aufgrund seiner Stellung als Alt- und wahrscheinlich Bald-wieder-Kanzler gleichzeitig aber auch die graue Eminenz. Aus diesem Spannungsverhältnis lässt sich einiges machen.

Auch dass für die inhaltlich jüngste Bewegung (die grüne) mit Werner Kogler und Peter Pilz zwei echte Veteranen und Langzeit-Weggefährten gegeneinander antreten, hat durchaus Potenzial für noch einige Folgen. Die zwei Frauen in der Runde, Pamela Rendi-Wagner und Beate Meinl-Reisinger, als Garanten für seriöses Debattieren gibt der Staffel innere Struktur, würden sie sich ebenso untergriffig wie ihre männlichen Kollegen verhalten, wäre die Sache wohl kaum über die Pilotphase hinausgekommen. Norbert Hofer gibt die widersprüchlichste Figur: Verbindlich, volkstümlich und jovial wie einst Karl Moik, wechselt er dann blitzschnell in den Attackemodus, seine Stimme bleibt dabei stets weich und freundlich. Schauspielerisch sicher die beeindruckenste Leistung von allen.

Bis zum Saisonfinale bleiben uns ja noch ein paar Folgen. Und dann heißt es warten auf die nächste Staffel.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2019)

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