Erdogan droht neuerlich mit Grenzöffnung für Flüchtlinge

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Die EU habe ihre Versprechen finanzieller Hilfen nicht vollständig eingehalten, sagt der türkische Präsident. Alleine in den vergangenen zwei Tage setzten 424 Menschen von der Türkei in die EU über.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut damit gedroht, die Grenzen nach Europa für syrische Flüchtlinge zu öffnen. Ankara könne einen möglichen weiteren Flüchtlingszustrom aus Syrien nicht alleine schultern, sagte Erdogan am Samstag. Ähnlich hatte er sich bereits in einer Rede in Ankara am Donnerstag geäußert.

Es gebe "eine neue Migrationsbedrohung" aus der letzten syrischen Rebellenhochburg Idlib entlang der türkischen Grenze, sagte Erdogan. Er appellierte an die EU, genügend finanzielle Unterstützung bereitzustellen.

"Entweder Sie teilen diese Last oder wir müssen die Tore öffnen", sagte Erdogan. Er argumentierte, die EU habe ihr Versprechen finanzieller Hilfen noch nicht vollständig eingehalten. Die EU hob jüngst hervor, sie habe bisher 5,6 der zugesagten 6 Milliarden Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugewiesen. Der Rest werde bald folgen, sagte eine Sprecherin. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkrieges im Nachbarland Syrien 2011 rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, mehr als jedes andere Land der Welt.

ÖVP: „Nicht erpressbar machen lassen"

In Österreich hatten ÖVP und FPÖ ablehnend auf die ursprünglichen Aussagen Erdogans reagiert. ÖVP-Chef Sebastian Kurz bekräftigte am Donnerstag seine Forderung nach einem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. Man dürfe sich gegenüber der Türkei "keinesfalls erpressbar machen oder gar auf Erpressungsversuche eingehen". Die freiheitliche EU-Sprecherin Petra Steger kritisierte den EU-Türkei-Deal, bei dem sich die Union "wissentlich und unverantwortlich in die Abhängigkeit eines Despoten begeben" habe.

Allein von Freitag bis Samstagmittag setzten nach griechischen Polizeiangaben 424 Migranten zu den Inseln und damit auch in die EU über. In den für 6000 Menschen ausgelegten Registrierlagern auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos harrten bereits mehr als 24.000 Menschen aus. Im August setzten nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 8103 Menschen aus der Türkei zu den griechischen Ägäis-Inseln über. Im August 2018 waren es knapp 3200.

Der im März 2016 geschlossene Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei sieht vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hatte es Tage gegeben, an denen rund 7.000 Migranten über die Türkei griechische Inseln erreichten.

(APA/dpa)

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