Prinzessin Victoria: Zum Altar mit Herrn Papa?

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Schwedens Kronprinzessin Victoria muss kurz vor der Hochzeit mit Daniel Westling um Grundsätzliches, wie den Weg zum Altar, streiten.

Von wem die Braut sich zum Altar führen lässt– vom zukünftigen Gatten oder vom Herrn Papa –, ist wohl ihre eigene Sache, sollte man meinen. Wenn die Ehewillige aber Victoria heißt und Schwedens Kronprinzessin ist, wird gleich eine Staatsaffäre daraus. Victoria möchte am 19. Juni von ihrem Vater, König Carl Gustaf, durch Stockholms Storkyrka geleitet werden.

„Sie hat wohl zu viele amerikanische Filme gesehen“, ätzen Kritiker. Frauenrechtlerinnen, Kirchenfürsten und Traditionalisten sind sich einig, dass Victoria schon beim Gang zum Altar an die Seite ihres Verlobten Daniel Westling gehöre. Auch der konservative Premier Fredrik Reinfeldt lässt wissen, dass er dieser Meinung sei. Seine sozialdemokratische Gegenspielerin Mona Sahlin sieht dies gelassener: „Das müssen Daniel und Victoria selbst bestimmen. Schließlich sind sie es, die heiraten.“

Doch für viele Schweden ist dies eine Prinzipfrage, die in den Medien zu Schlagwörtern wie „Trauungsstreit“ und „Altargate“ führt. Für die schwedische Kirche ist Victorias Wunsch ein Bruch mit einer jahrhundertealten Tradition, dass Brautpaare gemeinsam durch die Kirche schreiten. „Man kann meinen, dies sei eine kleine Frage, aber so ist das nicht“, sagt die Theologin Annika Borg. Sich vom Vater an den Bräutigam „übergeben“ zu lassen, zeuge von einer „unmodernen Haltung zur Gleichstellung der Frau“. Auch Erzbischof Anders Wejryd, der die Trauung vollziehen soll, ist skeptisch: „Ich rate Paaren, die dies wünschen, davon ab.“ Er soll auch versucht haben, Victoria umzustimmen – bisher vergeblich. „Das Brautpaar weiß, wie ich dies sehe“, sagt der Bischof.

Für Lifestyle-Expertin Magdalena Ribbing ist dies eine Frage des Ranges. „Bis zum Jawort ist Daniel Westling ein gewöhnlicher Untertan, nicht fein genug, eine künftige Regentin zum Altar zu geleiten.“ „Blanker Unsinn“, erwidert die Journalistin und Pfarrerin Helle Klein: „Victoria hat amerikanische Oberklassemanieren angenommen. Der König sollte sich an schwedische Traditionen halten und Nein sagen.“ Dieser hält sich bedeckt. Als er selbst 1976 heiratete, war er es, der seine Braut Silvia zum Altar geleitete. Auch Prinz Charles führte Diana selbst, wie auch Kronprinz Haakon seine Mette-Marit. Der Unterschied: In den Beispielen war der Mann die blaublütige Paarhälfte.

Hofsprecherin Nina Eldh: „Hier ist es nicht der Vater, der die Tochter einem anderen Mann übergibt, sondern der König, der die Thronfolgerin zu dem Mann führt, den er akzeptiert hat.“

Die „Brautübergabe“ sei ein „Mittelalter-Ritus“, meint die Publizistin Lena Melin. Schon das Wort deute an, dass eine „unfreie Frau von einem Mann an einen anderen gegeben“ werde. Wenn Schwedens erste Thronfolgerin seit 1720 in einem der modernsten Länder der Welt heirate, mache sie „einen Schritt rückwärts“.

So wird Victorias Traum von einer romantischen Hochzeit nun zu einem Symbolstreit zwischen zwei einst mächtigen Institutionen hochstilisiert, einem Königshaus, heute ohne Macht, und einer Kirche ohne Einfluss auf das Leben der säkularisierten Bevölkerung. Doch Macht oder nicht: Stilprägend ist das Königshaus allemal, und es gibt wenig Zweifel, dass die Trauung der Kronprinzessin eine neue Mode auslösen wird. Daher fleht Helle Klein, der Erzbischof möge Victorias Wunsch ausschlagen, „um zu verhindern, dass Hollywood in schwedische Kirchen einzieht“.

Auf einen Blick

Schwedens Kronprinzessin Victoria heiratet am 19.Juni Daniel Westling. Die Zeremonie findet in der Stockholm Nikolaikirche (Storkyrkan) statt. Die Trauung wird Erzbischof Anders Wejryd vollziehen. Um die Frage, wer die Braut zum Altar führt, wird gestritten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2010)

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