Quergeschrieben

Drei Gründe, warum Kurz die Pfeile der SPÖ auf sich zieht

Einige Gesetze und Systemumstellungen der türkis-blauen Koalition bedeuteten tiefe Schnitte ins Machtgefüge der SPÖ.

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Der Wahlkampf ist in voller Fahrt, alle Befürchtungen, es würde zu einer Schlammschlacht kommen, werden weit übertroffen. „Alle gegen Kurz“, lautet die Devise. Kürzlich stellte Oliver Pink die Frage, warum eigentlich dieser höfliche, freundlich wirkende, junge Mann ein derartiges Feindbild abgibt? Nun, das hat viele Gründe.

Zunächst hat Sebastian Kurz die SPÖ vom Kanzlerpodest gestoßen. Er hat gegen alle Regeln in der Politik die Koalition als Juniorpartner aufgekündigt, Neuwahlen verlangt und diese dann auch noch klar gewonnen. Das machte viele aus dem damaligen Machtgefüge wütend, vor allem die SPÖ. Dann tat er sich mit deren Feindbild FPÖ zusammen, um ein klares Programm abzuarbeiten. Dieses zielte neben der Ausländerthematik vor allem darauf ab, die früheren Machtzentren aufzubrechen und deren Einfluss zu schmälern.

So etwa entmachtete er de facto die Sozialpartner. Zuvor waren sie jene, die der Regierung den Takt vorgaben, sie setzten die Themen oder verhinderten Neuerungen, wobei das Hauptaugenmerk auf dem Verhindern lag. An die Spitze der Wirtschaftskammer hievte Kurz einen engen Vertrauten, die Bauern zählen zu seiner Hausmacht, und ÖGB und AK ließ er einfach auflaufen. Das zeigte sich am deutlichsten beim Zwölf-Stunden-Tag: Obwohl der ÖGB zu Kampfmaßnahmen aufrief, die Arbeiterkammer mobilisierte, die SPÖ schäumte – er wurde binnen kürzester Zeit eingeführt. Eine klare Niederlage für die früher allmächtige Gewerkschaft.

Ähnlich lief es bei der Reform der Krankenkassen. Während die einen die Zusammenlegung der Kassen als längst fällig und vernünftig lobten, hagelte es von anderer Seite Kritik: Die Reform koste mehr, als sie bringe, und ginge zulasten der Arbeitnehmer. Die Reform war aber auch ein tiefer Schnitt ins Machtgefüge der SPÖ. Viele Direktionsposten, auf die man verdiente Funktionäre hieven konnte, fallen künftig weg, die Eisenbahner mussten sich unter die Kontrolle der Österreichischen Gesundheitskasse begeben.

Auch in andere Kernbereiche wollte die VP/FP-Koalition rigoros schneiden. Etwa beim Wohnen, einem zentralen Thema der SPÖ auch in diesem Wahlkampf. Sie fordert mehr sozialen Wohnbau, um Wohnen weiter leistbar zu halten. Mit ihr verbundene Unternehmen und die Stadt Wien besitzen Hunderttausende geförderte und Sozialwohnungen. Und genau hier sollte eine grundlegende Änderung erfolgen: Die ÖVP wollte erreichen, dass mehr Menschen Eigentum bilden und nicht lebenslang in Mietverhältnissen bleiben. Ziel des Gesetzes über das gemeinnützige Wohnungswesen war daher, dass alle Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern nach einer bestimmten Frist den Mietern zum Kauf angeboten werden müssen.

Bisher war das nur bei den „echten“ Genossenschaften und einzelnen Gemeinnützigen der Fall. In den vergangenen Jahren wurden etliche Genossenschaften in Aktiengesellschaften oder Ges.m.b.H. umgewandelt, vor allem im Umkreis der SPÖ. Bei der Sozialbau AG, dem mit Abstand größten Anbieter, gibt es bis dato keine einzige Wohnung mit Kaufoption. Die Mieter müssen daher auch nach Rückzahlung der Baukosten weiterhin ein Entgelt zahlen und erwerben niemals Eigentum an ihrer Wohnung. Das sollte sich durch das Gesetz grundlegend ändern. Der Gesetzesentwurf sah weiter vor, dass Österreicher bevorzugt werden sollten, und begrenzte die Bezüge der Vorstandsmitglieder der Wohnbaugesellschaften rigoros.

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