Miniserie mit Jan Liefers: Bis Arthur lautlos der Kragen platzt

Arthur (Jan Josef Liefers) nimmt sein Leben selbst in die Hand – und schon ist diese ab.
Arthur (Jan Josef Liefers) nimmt sein Leben selbst in die Hand – und schon ist diese ab.(c) ORF (Oliver Vaccaro)
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In „Arthurs Gesetz“ geben Jan Josef Liefers und Martina Gedeck ein Paar am Rande des Zusammenbruchs. Die großen Themen des Lebens als schräge Comedy noir.

Nein, möchte man schreien. Tu's nicht! Das kann nicht gut gehen! Und sehen will man auch nicht, wie das Blut spritzt, wenn Arthur an seinem Arbeitsplatz den Unterarm entschlossen gegen das Sägeblatt drückt. Klar macht er es trotzdem. Die klobige Prothese über dem Armstummel hat man schon vor dieser Rückblende gesehen. Aber es wird nichts nützen. Eine Videoüberwachung auf dem Firmengelände überführt Arthur des Betrugs, die Versicherung bezahlt nicht. Und so sitzt er – mittlerweile arbeitslos – mit seiner nörgelnden Frau daheim und brütet den nächsten unsäglichen Plan aus: Er will sie umbringen.

Man kann seinen Frust ja nachvollziehen. Das Geld reicht nicht. Am Arbeitsamt muss er sich als Sozialschmarotzer beflegeln lassen. Das Dach ist undicht und es tropft ins Bett. Martha, seine Frau, legt ihm ein liebloses Geburtstagsgeschenk hin und hat „extra die Schleife weggelassen“, damit er es trotz Prothese aufkriegt: Ein Bilderrahmen – schon wieder – mit einem Bild aus glücklicheren Tagen. Diesmal mit Blinklichtern. Ein Paar am Rande des Zusammenbruchs.

Und dann geht alles schief

Es ist Arthurs 50er. Der Tag, an dem ihm lautlos der Kragen platzt und er beschließt, sein Leben in die Hand zu nehmen. Aber ganz nach Murphys Gesetz (Ingenieur Edward A. Murphy kommentierte ein verpatztes Experiment pointiert mit „anything that can go wrong will go wrong“) verhakt sich Arthur immer mehr in seinem vertrackten Schicksal. Alles, was er anpackt, geht schief.

Das ist der Plot von „Arthurs Gesetz“ (ab 10. 9., 23.15 Uhr, ORF 1), einer Comedy noir, die ihre Figuren nicht nur aufs Korn, sondern in ihrer bis zur Lächerlichkeit gesteigerten Verzweiflung ernst nimmt. Die manipulative Martha füllt ihre innere Leere (und das verstaubende Gitterbett) mit unnötigen Internet-Einkäufen. Sie zieht Arthur an einem unsichtbaren Nasenring durchs Leben, wie sie es auch mit ihrer Zwillingsschwester tut (grandios: Martina Gedeck in dieser Doppelrolle). Arthur kämpft mit inadäquaten Mitteln gegen die Widrigkeiten des Lebens – eine davon ist die völlig empathie-freie Frau Lehmann vom Arbeitsamt.

Nora Tschirner verkörpert sie als faule Beamtentussi mit dickem Babybauch, die – auf einem großen Gymnastikball wippend – die Klienten wie lästige Fliegen abwimmelt. Und noch etwas quält Arthur: eine massive Midlife-Crisis, was dazu führt, dass er sich naiv, wie er ist, gleich beim ersten Ausbruchsversuch in eine junge Prostituierte (Cristina do Rego) verknallt. Jan Josef Liefers macht aus dieser traurigen Figur einen Mann, den man zugleich mögen, bemitleiden und verachten kann, der uns aber gleichzeitig die großen Themen des Lebens anschaulich, erschreckend, und doch sehr lustig vor Augen führt. Große Klasse!

Benjamin Gutsche (Drehbuch) und Christian Zübert (Regie) haben sich diese schräge schwarze Komödie ausgedacht. Erzählt wird oft aus ungewöhnlichen Blickwinkeln: Aus der schwarz-weißen Bodenperspektive des Staubsaugerroboters wirkt alles noch trostloser als sonst. Und die beiden haben eine Liebe zu Details. Während Frau Lehmann den armen Arthur wieder einmal abschasselt, trocknet sie ihren „Easy Pee“ ab, um gleich darauf wieder aufs Klo zu verschwinden. Wie viele Erniedrigungen kann ein Mann eigentlich ertragen, bevor ihm lautlos der Kragen platzt?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2019)

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