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Suizid: „Die alten Männer rufen nicht an“

In Österreich gibt es dreimal so viele Suizidopfer wie Verkehrstote. Die meisten sind männlich und mittleren Alters, aber auch bei den Jungen ist das Thema präsent. Offen darüber zu reden ist für viele dennoch undenkbar.

Wien. Es ist ein Phänomen, das viele Hinterbliebene kennen: Plötzlich hören sie von Bekannten, aber auch von Menschen, die sie kaum kennen, dass auch sie jemanden durch Suizid verloren haben. Die Scheu, über das Unsagbare zu sprechen, wird geringer – und trotzdem folgt oft noch der Nachsatz: „Aber erzähl es nicht weiter.“

Für Marlies Matejka ist dies Zeichen, wie sehr Suizid immer noch Tabu ist. Um Suizide zu verhindern, sei es jedoch nötig, „die Tabuisierung aufzuheben, das Thema nicht totzuschweigen“, meint die Leiterin der Telefonseelsorge in Wien anlässlich des heutigen Welttags der Suizidprävention. „Wie Menschen darüber reden, muss sich ändern“, sagt Matejka zur „Presse“.

Denn obwohl in Österreich die Suizidrate seit Mitte der 1980er-Jahre um mehr als 40 Prozent zurückgegangen ist, starben im Jahr 2017 laut Suizidbericht trotzdem 1224 Menschen durch Suizid – fast dreimal so viele wie im Verkehr. Internationale Studien gehen davon aus, dass zehn- bis 30-mal so viele versuchen, sich das Leben zu nehmen.

Hausarzt als Schlüsselrolle

Es sind vor allem Männer mittleren Alters, die betroffen sind: Mehr als drei Viertel der Suizidtoten sind männlich, fast ein Drittel davon zwischen 45 und 59 Jahren. Eine Gruppe, die tendenziell schwierig zu erreichen ist, sagt Matejka: „Die alten Männer rufen bei uns nicht an. Viele denken, alles mit sich selbst ausmachen zu müssen.“ Auch deswegen setzt die Strategie für Suizidprävention bei der Sensibilisierung sogenannter Gatekeeper an: Hausärzte, das Personal in Pflegeheimen oder Justizwachebeamte etwa. „Vor allem Männer gehen eher zum Hausarzt als gleich zum Psychiater“, sagt Matejka. Aber auch Lehrer gehören zu den Schlüsselpersonen in der Prävention: Denn auch junge Leute kämpfen mit Suizidgedanken, wie man bei der Notrufnummer „Rat auf Draht“ weiß. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die dort zum Thema Suizid beraten werden, stieg im Jahr 2018 um acht Prozent, im Schnitt sind es drei Anrufer pro Tag.

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