"Warum sind Sie da?": Grasser-Prozess wird fortgesetzt

Der Angeklagte Karl Heinz Grasser (M) und die Anwälte Norbert Wess (L ) und Manfred Ainedter am Dienstag, 10. September 2019
Der Angeklagte Karl Heinz Grasser (M) und die Anwälte Norbert Wess (L ) und Manfred Ainedter am Dienstag, 10. September 2019APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Prozess um die Affären Buwog und Terminal Tower geht in den 104. Verhandlungstag. Immobilienmakler Plech fehlt weiterhin, Lobbyist Hochegger darf „gesittet“ aufstehen.

Der Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower wurde am Dienstag nach einer sechswöchigen Sommerpause wieder aufgenommen - inklusive eines leeren Platzes. Denn: In den Reihen der Angeklagten fehlte weiterhin der Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der als enger Vertrauert des Hauptangeklagten, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, gilt. Plech gilt seit Mai 2018 wegen einer Erkrankung als verhandlungsunfähig.

Anfang August hatte der „Standard“ berichtet, dass er im Herbst in das Wiener Straflandesgericht zurückkehren werde. Grund für den Bericht war ein neues, von Richterin Marion Hohenecker angeordnetes Gutachten. Dagegen hat Plech eine Eingabe gemacht, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehmen. Der heute 75-Jährige habe Herzprobleme, hieß es.

Das weitere Vorgehen: Plech soll nun am 1. Oktober zur Überprüfung seiner Verhandlungsfähigkeit im Großen Schwurgerichtssaal erscheinen.

Richterin an Anwalt: „Warum sind Sie da?"

An Plechs Stelle erschien am Dienstag, dem 104. Verhandlungstag, sein Anwalt - wurde allerdings vor Beginn der Verhandlung von der Richterin wieder weggeschickt. "Warum sind Sie da?“, fragte sie ihn, bevor sie ihm auftrug, am 1. Oktober mit Plech zurückzukehren. Nachsatz: "Es hat mich natürlich gefreut, dass Sie gekommen sind."

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Der Pflichtverteidiger des mitangeklagten, teilgeständigen Lobbyisten Peter Hochegger brachte sodann vor, dass sein Mandant nach einer Hüftoperation im Sommer bei langem Sitzen Schmerzen bekomme. Ob Hochegger daher bei Schmerzen während der Verhandlung kurz aufstehen könne, ersuchte der Verteidiger. Richterin Hohenecker gewährte ihm dies, wenn er es "gesittet" und leise tun würde.

Dritter Punkt war sodann die Fortsetzung der Einvernahme von Heinrich Traumüller. Es ist sein fünfter Auftritt im Zeugenstand. Traumüller war zunächst Kabinettschef von Grasser und dann als Spitzenbeamter für die Privatisierung der Bundeswohnungen zuständig. "Ich habe mich als Leiter der Privatisierung verstanden", sagte Traumüller, um dann einmal mehr den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) und den damaligen FPÖ-Bautensprecher Detlev Neudeck als zentrale Figuren beim Buwog-Deal zu präsentieren.

Als klar war, dass Kärnten ein Vorkaufsrecht für einen Teil der Bundeswohnungen (die ESG, Anm.) habe, sei die Kontrolle über den Verkauf von Wien nach Kärnten übergegangen, sagte Traumüller. Neudeck habe sich sehr aktiv in das Vergabeverfahren eingemischt, darunter das "groteske" Begehr vorgebracht, dass er den Kaufvertrag für die Bundeswohnungen sehe. In Traumüllers Notizen heißt es dazu - „Neudeck: Vertrag vorlegen". Neudeck selbst war bereits als Zeuge geladen und hatte dabei betont, "keine wesentliche Aufgabe in der Sache" gehabt zu haben.

Während Traumüller aussagte, Neudeck sei bei der Sitzung im Gelben Salon am Montag, 7. Juni 2004, dabei gewesen (dabei wurde eine zweite Bieterrunde für die Privatisierung festgelegt, die letztlich das Österreich-Konsortium gewann, nachdem in der ersten Runde noch die Konkurrenz CA Immo vorne gelegen hatte), meinte Neudeck, er könne sich an eine Teilnahme nicht erinnern.

Kontakt zu Grasser-Anwalt

Zum Abschluss der Befragung Traumüllers hielt Staatsanwalt Norbert Denk ihm einen Aktenvermerk eines Rechtspraktikanten vor, der im März etwas beobachtet hatte. Demnach hatte Traumüllers Vertrauensperson diesem einen Zettel mit Fragen zugesteckt, Traumüller hab sich daraufhin aufgeregt, so die in einem Aktenvermerk aufgezeichneten Beobachtungen des Rechtspraktikanten vom 5. März 2019.

Traumüller sagte, seine Vertrauensperson habe ihm damals einen Zettel zugesteckt mit Fragen, die Grassers Verteidiger Norbert Wess vorgehabt habe an ihn zu stellen. Daraufhin sei er ungehalten geworden, weil Wess zum "unfairen" parlamentarischen Untersuchungsausschuss Fragen stellen wollte. Das habe er zum Anlass genommen, einen Termin mit Wess auszumachen. "Ich war bei ihm persönlich in der Kanzlei und habe ihm gesagt, dass das so nicht geht", sagte Traumüller. Der Ausschuss sei "nicht fair, nicht rechtsstaatlich, nicht öffentlich, nicht objektiv" gewesen.

Wess ging zu Beginn seiner Befragung des Zeugen sodann auf den Aktenvermerk ein. Zunächst erwähnte er, dass ein anderer Zeuge im Prozess Traumüllers "höchstpersönliches" Verhalten nach dem U-Ausschuss geschildert habe. Ob es korrekt sei, dass Traumüller Fragen dazu nicht beantworte? Ja, so der Zeuge. Ob es die Absicht der Verteidigung von Grasser gewesen sei, über Traumüllers Vertrauensperson an ihn Fragen zu stellen, ob man derartige Fragen an ihn richten dürfe? Traumüller meinte, "Freilich wirds so gewesen sein, ich unterstell ihnen nichts anderes". Auch die letzte Frage von Wess, ob Grassers Verteidigung je auf ihn Einfluss genommen hätte, dass er Aussagen in ihrem Sinne tätige, verneinte Traumüller.

In Paragraph 18 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs heißt es: "Der Kontakt mit Zeugen vor und während eines anhängigen Verfahrens ist zulässig, jedoch muss jede Form der unzulässigen Beeinflussung vermieden werden."

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

(APA/hell)

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