Lunchbox-Shaming

Der Wettlauf um die gesunde Schuljause

In den USA hat sich mittlerweile ein regelrechtes Lunchbox-Shaming entwickelt (Archivbild)
In den USA hat sich mittlerweile ein regelrechtes Lunchbox-Shaming entwickelt (Archivbild)(c) Getty Images (Claudia Totir)
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Die Schuljause darf heute nicht zu fett, zu süß und zu fad sein. Sonst droht „Lunchbox-Shaming" wie in den USA.

Wir müssen uns heute sehr viel genieren. Das schlechte Gewissen taucht in immer mehr Lebenslagen auf: Beim Fliegen haben es uns die Schweden vorgemacht, bei der Kleidung hat man mit billiger Wegwerfmode Erklärungsbedarf und beim Essen kann man sowieso sehr viel falsch machen. Das, was früher eine Delikatesse war – das Steak aus Argentinien zum Beispiel – ist heute verpönt. Wer nicht regional und saisonal einkauft, spricht lieber nicht darüber. Und kommen Kinder ins Spiel, ist die Chance, dass andere es besser machen oder zumindest wissen, ohnehin groß.

Das lässt sich sehr gut bei der Frage beobachten, was man den Kindern als Jause für die Schule mitgibt. Denn nicht nur Kinder sind gnadenlos und beurteilen ihre und andere Jausen. Dank der digitalen Medien sind es auch die Eltern, und hier sehr oft die Mütter. In den USA hat sich mittlerweile ein regelrechtes Lunchbox-Shaming entwickelt (siehe Artikel), bei dem Eltern unter dem Druck leiden, dem Kind das Richtige, nämlich eine gesunde, kreative, lustige und optisch ansprechende Jause, mitzugeben. Via Instagram und anderen Kanälen überbieten sich Eltern mit Fotos, die Einblicke in die hübschen Lunchboxes geben. Da werden Babykarotten kleine Augen aufgeklebt, Käse mit Keksausstechern in Form gebracht und Spießchen drapiert.

Wenn man bedenkt, dass die Schuljause in einer einfachen Flasche Milch ihren Ursprung hat, hat sich da einiges getan. Während es zu Beginn des Schulmilchprogramms, in den 1930er-Jahren, schlicht um die Versorgung der Kinder gegangen ist, steht heute die Gesundheit und das Bewusstsein für Ernährung im Mittelpunkt. Unzählige Programme versuchen Kindern zu erklären, woher unsere Lebensmittel kommen, wie sie entstehen und wie Landwirtschaft funktioniert. Gleichzeitig versucht man Kinder (und Eltern) dazu zu motivieren, sich den Empfehlungen entsprechend zu ernähren. Ein hochsensibles Thema, bei dem man penibel versucht, den Zeigefinger zu vermeiden. Denn der kommt besonders beim Essen nicht gut an.

Das musste schon vor Jahren der britische Fernsehkoch Jamie Oliver erleben, als er es wagte, das Schulessen gesünder zu gestalten. Von Eltern, die ihren Kindern über den Zaun Burger mit Pommes reichten, war da die Rede. Auch hierzulande kommt man mit Verboten beim Essen nicht weit. Immerhin hat Essen auch eine starke soziale Komponente und ist symbolisch aufgeladen. Was man isst, sagt auch viel darüber aus, zu welcher Gruppe man sich zugehörig fühlt oder wo man andere einordnet. Man denke etwa an eine Extrawurstsemmel, einen Chiapudding oder selbstgemachte Gemüsemuffins und die Bilder von Personen, die einem dazu einfallen. Es werden unterschiedliche sein, auch wenn viele Menschen alle drei Speisen mögen.

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