Fairer Welthandel ist auch gut für uns

Warum parteipolitisch motivierte Polemiken gegen dasMercosur-Abkommen so fatal sind.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

Die Bilder von den brennenden Amazonas-Wäldern sorgen zu Recht bei vielen Menschen für große Betroffenheit. Die EU und auch Österreich müssen sich massiv für den Schutz des Regenwaldes einsetzen. Europa muss sich aber die Frage gefallen lassen, wie der konkrete Beitrag dazu aussieht. Wo sind die europäischen Maßnahmen, die die Brände jetzt stoppen? Lippenbekenntnisse oder parteipolitisch motivierte Polemiken gegen Mercosur retten keinen einzigen Baum.

Das Abkommen ist kein Allheilmittel, kann aber als Hebel für den Klimaschutz wirken. Denn darin enthalten ist eine klare Verpflichtung zum Pariser Klimaabkommen, zur Aufforstung des Regenwaldes und zum Vorgehen gegen illegale Brandrodungen.

Internationale Verträge sind der beste Weg, um nationale Alleingänge zum Schaden vieler zu vermeiden. Europa muss Brasilien einbinden – Isolation führt in die Klima-Sackgasse. Denn: Die Welt gehört nicht Europa, und Europa ist nicht Mittelpunkt der Welt. Wollen wir andere Regionen davon überzeugen, Standards im Umwelt-, Sozial- oder Lebensmittelbereich auf europäisches Niveau zu heben, reichen mahnende Worte nicht aus. Stattdessen braucht es Zusammenarbeit und konkrete Unterstützung, um etwa die Brandrodungen zu stoppen.

Was oft vergessen wird: Die Globalisierung ist ein erfolgreiches Programm zur weltweiten Armutsbekämpfung. Laut UNO ist zwischen 1990 und 2015 der Anteil jener Menschen, die in extremer Armut leben, von 36 auf zwölf Prozent gesunken. Fairer Freihandel trägt dazu bei, den Wohlstand auf der Welt gerechter zu verteilen. Das ermöglicht gleichwertige Partnerschaften von etablierten Wirtschaftsregionen mit aufstrebenden Ländern.

Auch im Wahlkampf darf sachlich diskutiert werden. Die Chancen für die heimische und europäische Volkswirtschaft sind groß. 32.000 Arbeitsplätze werden durch EU-Exporte in den Mercosur-Raum in unserem Land gesichert. Mehr als 1400 rot-weiß-rote Unternehmen sind mit über 260 Niederlassungen vor Ort tätig, schon jetzt ist unsere Handelsbilanz positiv.

An EU-Exporten nach Brasilien hängen 855.000 Jobs in der EU sowie 436.000 in Südamerikas größtem Land. Die EU ist der zweitbedeutendste Handelspartner für die Mercosur-Länder. Ein Blick auf bestehende EU-Handelsverträge – etwa mit Kanada oder Korea – zeigt: Die Abkommen haben zu mehr Ausfuhren geführt – 1,7 Mio. Arbeitsplätze in der österreichischen Exportwirtschaft sichern soziale Errungenschaften wie Pensionen oder die Gesundheitsversorgung.

Bitte keine Märchen!

Natürlich müssen Sorgen und Ängste der Menschen ernst genommen werden. Mythen sollten aber keine entscheidenden Ratgeber bei langfristigen Weichenstellungen sein. Vielmehr sollte es unser Ziel sein, faire Wettbewerbsbedingungen mit Südamerika zu schaffen, die auch für den Erhalt der heimischen Landwirtschaft wesentlich sind. Die hohen europäischen Umwelt-, Lebensmittel- und Sozialstandards bleiben unberührt. Mercosur wird kein Einfallstor für Billigstprodukte ohne Qualität und führt auch nicht zu einer Überschwemmung mit Rindfleisch – dafür sorgen vereinbarte überschaubare Kontingente.

Es ist eine kluge Abwägung aller Vor- und Nachteile, die das Abkommen zwischen EU und den Mercosur-Staaten bringt, notwendig. Gerade für Österreich gilt: Die Grundlage für unsere hohe Lebensqualität und Standards erarbeiten Unternehmen und ihre Beschäftigten auf den weltweiten Märkten.

Michael Löwy (*1970) ist für Internationale Beziehungen in der Industriellenvereinigung zuständig. Zuvor war er sowohl in der Industrie als auch in der PR-Branche tätig.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2019)

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