Taiwans Außenminister: „China hasst die Demokratie“

Taiwans Außenminister Joseph Wu (hier auf einem Archivbild): „Es ist möglich, dass uns China mit militärischer Gewalt übernehmen will.“
Taiwans Außenminister Joseph Wu (hier auf einem Archivbild): „Es ist möglich, dass uns China mit militärischer Gewalt übernehmen will.“Jolson Lim
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US-Präsident Donald Trump ist für Taiwan der wichtigste Verbündete gegen China, sagt Außenminister Joseph Wu im „Presse"-Interview. Im Kriegsfall werde man aber die USA nicht um Unterstützung bitten.

Die Presse: Wie wirkt sich die Lage in Hongkong auf Taiwan aus? Schließlich finden hier im Jänner 2020 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt.

Joseph Wu:
Sie wirkt sich nicht nur auf die kommenden Wahlen, sondern auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen der Länder aus. Als China 1997 Hongkong von Großbritannien übernommen hat, versprach es, dass sich für die Menschen dort für die nächsten 50 Jahre in Bezug auf Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nichts ändern werde. Das „Ein Land, zwei Systeme“-Prinzip sollte auch als Vorzeigemodell für Taiwan und China dienen. Doch wir sehen, dass sich die Lage dort sehr wohl geändert hat. Pressefreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Rechtsstaatlichkeit wurden erodiert. Für die Taiwanesen, die das alles beobachtet haben, heißt das: Man kann auf China als Partner nicht zählen.

Was, denken Sie, wird China tun?

Ohne eine Glaskugel ist das schwierig vorherzusagen. Aber ich werde versuchen die Situatin zu analysieren: Präsident Xi Jinping befindet sich in einem ernsten Dilemma. Hongkong gehört zwar zu China, ist aber die Finanzmetropole schlechthin und hat für alle Länder dieser Welt eine starke Anziehungskraft. Aber jetzt protestieren Millionen auf der Straße und die chinesischen Politiker müssen sich genau überlegen, was sie tun. Es gibt zwei Szenarien: Wenn sie versuchen die Situation mit Waffengewalt zu beenden, bedeutet dies das Ende des „Ein Land, zwei Systeme“-Modells – und ein totales Desaster. Wenn sie gar nichts machen, werden die Proteste weitergehen. Das kann die chinesische Regierung auch nicht tolerieren. Unser Zugang wäre freilich, eine Lösung mit demokratischen Mitteln zu finden. Das beste wäre aus meiner Sicht eine genuine Demokratie für Hongkong.

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