Workshop. Julia Lohmann plädiert für einen „neuen Dialog zwischen Handwerk und Material“.
Neues Material

Algen: Ein Stoff, der Wellen schlagen könnte

Die Gestalterin Julia Lohmann zieht ganz neue Potenziale aus dem Meer: Algen als nachhaltige Ressource für Design und Gestaltung.

Maden und Mägen. Julia Lohmann richtete schon immer gern Interesse und Augen dorthin, wo andere gar nicht erst genauer hinschauen. Vor allem auf die Möglichkeiten, wie Maden und Mägen auch als Ressourcen dienen können. Doch besonders viel Potenzial meinte sie aus einer anderen Quelle zu schöpfen in den letzten Jahren: aus dem Meer. Oder besser: aus der Biomasse, die darin wächst. Die Algen, die riesigen Blätter, sie ließen Lohmann nicht mehr los, nachdem sie auf dem Fischmarkt in Sapporo nur so gestaunt hatte: „Mich hat fasziniert, was die Menschen alles aus dem Meer ziehen, diese Vielfalt an Tieren, Formen, Farben und Objekten." Doch auch die Algen waren in Japan schon „besetzt". Mit Bedeutung und Werten nämlich. Vor allem mit jener, dass sie Lebensmittel sind, aber nicht Werkstoff, den man handwerklich nützen könnte. Da mussten schon Lohmanns Außenperspektive den Algen neue „Werte" abgewinnen. Und Möglichkeiten für die Gestaltung.

Experiment. Mit dem „Department of Seaweed“ kreierte Lohmann unterschiedlichste Objekte.
Experiment. Mit dem „Department of Seaweed“ kreierte Lohmann unterschiedlichste Objekte.(c) Beigestellt

Neubewertung. „Es geht auch darum, die Entscheidungen, die Menschen einmal gefällt haben, auch wieder zu hinterfragen und neu zu bewerten", meint Lohmann. Vor allem wenn sich die Grundlage der Entscheidungen grundlegend gewandelt hätten. Denn heute fischt man mehr Plastik aus dem Meer als Algen, nebenbei überhitzt der Planet. Da darf man auch schon ein paar Schubladen wieder öffnen, in denen man fein säuberlich abgelegt hat, was Werkstoff ist und was Nahrungsmittel. Dann wird plötzlich zur Ressource, was man nie für eine hielt. Auch dass Tiere die Grundlage für die Produktion von Dingen sein können, hat Lohmann schon vor einigen Jahren gezeigt. Gegessen werden Teile von Tieren ohnehin. Doch meist nicht alle. „Manche haben einen höheren Wert als andere. Das eine wird verwertet, das andere weggeschmissen. Diese Diskrepanz hat mich schon immer interessiert", erzählt Lohmann. So machte sie aus Schlachtabfällen wie Schafsmägen Leuchten. Aber das war vor Japan. Das war, bevor sie diese riesigen Blätter sah. Plötzlich hatte sie vor Augen, was dereinst aus Algen alles werden könnte. In einem neuen „Dialog zwischen Handwerk und Material". Um all das nicht nur handwerklich, sondern auch wissenschaftlich und gedanklich zu verarbeiten, gründete sie das „Department for Seaweed": „Es ist eine Anlaufstelle für alle, die mit Algen nachhaltig arbeiten wollen", sagt Lohmann.

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