Forschung

Wolfgang Kern: Er bringt Licht in den Kunststoff

(c) PCCL
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Polymerchemie. Wolfgang Kern will Kunststoffe umweltfreundlicher gestalten. Bei der Forschung in Leoben fasziniert ihn die Verbindung von Chemie und Licht.

Kunststoffe haben in der Öffentlichkeit derzeit kein gutes Image, weiß Wolfgang Kern, der regelmäßig auf „Plastik“ und dessen Vermeidung angesprochen wird. Er ist Professor für Chemie der Kunststoffe an der Montan-Universität Leoben und wissenschaftlicher Leiter des Polymer Competence Center Leoben (PCCL). „Wir forschen seit vielen Jahren auch an der Wiederverwertung von Kunststoffen: Welche neuen Wege gibt es beim Recycling, und wie kann man Kunststoff-Fraktionen noch besser sortieren, um hochreine Rezyklate zu bekommen, aus denen dauerhafte und sinnvolle Produkte entstehen“, sagt Kern, der in der Kategorie Forschung als Österreicher des Jahres nominiert ist.

„Das Problem ist ja nicht der Kunststoff selbst, sondern der achtlose Umgang mit dem Produkt und den verbrauchten Teilen.“ Während die meisten Menschen beim Thema Plastik vor allem an Verpackungen und Einkaufssackerln denken, zählt Kern auf, welche Bereiche unseres Alltags ohne Kunststoff gar nicht funktionieren würden: „Die Ummantelung jedes Kabels besteht aus Polymeren, CDs und DVDs sind aus Polycarbonaten, Ihr Smartphone beinhaltet hochwertige Kunststoffe, auch das Display ist nicht aus Glas. Autos und Fahrräder sind mit Reifen aus vulkanisiertem Kautschuk, also Gummi, ausgerüstet.“

Keine Allergien gegen Operationshandschuhe

Eines der Erfolgsprodukte aus den PCCL-Labors hat auch mit Gummi zu tun: Operationshandschuhe wurden bisher mithilfe von Schwefelverbindungen vulkanisiert, d. h. in Form gebracht und elastisch gemacht. Diese Beschleuniger haben allergenes Potenzial, und manche Menschen reagieren auch auf kleinste Spuren heftig.

In langjähriger Partnerschaft mit der Semperit-Gruppe wurde ein Verfahren zur Vulkanisation von medizinischen Handschuhen mit UV-Licht entwickelt: Diese Produkte sind nun „beschleunigerfrei“ und lösen keine Allergien mehr aus. Solche „licht-induzierten Reaktionen“ sind Kerns Spezialgebiet: „Jeder, der zum Zahnarzt geht, kennt lichtinduzierte Härtungsreaktionen. Die metallfreien Plomben werden als flüssig-pastöse Füllung aufgebracht und durch wenige Sekunden Belichtung in hartes, keramikartiges Material umgewandelt, das viele Jahre hält.“

Auch Druckerfarben, die durch Licht trocknen und aushärten oder moderne 3-D-Drucker nutzen „Fotopolymerisation“ im Alltag. „Der Einsatz von Licht bei chemischen Reaktionen fasziniert mich immer noch“, sagt Kern, der stets gern in den Labors vorbeischaut. Dort entstehen spannende Neuigkeiten wie Kunststoffe, die sich hart oder weich, kühl oder warm anfühlen (Touch-Feel-Effekt), oder biologisch abbaubare Komposite, die auf Naturfasern basieren.

Ein weiteres Ziel ist eine „Zero-Waste-Produktion“, bei der kein Ausschuss anfällt: Das wird mit selbst-adaptierenden Produktionsmaschinen möglich, die entstehende Fehler erkennen und frühzeitig vermeiden. In seiner Freizeit widmet sich Kern mit Freude seinen historischen Kraftfahrzeugen: Das älteste ist von 1938, und wird noch regelmäßig für Ausfahrten genützt.

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