Pläne des US-Konzerns zur Schaffung einer Digitalwährung namens Libra erwecken immer mehr Widerstand. In Brüssel fürchtet man auch um den Schutz der Benutzerdaten.
Paris/Brüssel. Die Regierungen der beiden größten Volkswirtschaften der EU haben sich dieser Tage für ein Verbot der geplanten Digitalwährung Libra des Internetkonzerns Facebook ausgesprochen. „Ich möchte es mit aller Klarheit sagen: Unter diesen Bedingungen können wir die Entwicklung von Libra auf europäischem Boden nicht erlauben“, sagte Frankreichs Finanzminister, Bruno Le Maire, am Donnerstag in Paris.
Sein deutsches Pendant, Finanzminister Olaf Scholz, hatte seine Ablehnung vor einer Woche folgend formuliert: „Die Herausgabe einer Kryptowährung muss eine Angelegenheit von Staaten und Zentralbanken sein. Das kann nicht privatwirtschaftlich organisiert werden.“
Bankenaufseher sind alarmiert
Vor dem Sommer hatte Facebooks Gründer und Vorstandschef, Mark Zuckerberg, die Schaffung eines Konsortiums von 28 Unternehmen (darunter Mastercard, Visa, Paypal, eBay und Uber) angekündigt, welche unter der Leitung von Facebook bis Juni 2020 eine digitale Währung kreieren sollen. Dieses digitale Geld soll von den weltweit rund 2,4 Milliarden Nutzern der sozialen Plattform für die Bezahlung von allerlei Waren und Diensten verwendet werden können. Um jene Flatterhaftigkeit und Unzuverlässigkeit zu vermeiden, welche viele der bereits im Umlauf befindlichen Cyberwährungen plagen, soll Libra durch einen Korb an Einlagen und Anleihen abgesichert werden.
Doch Details über diesen Korb an Sicherheiten erwarten die Finanzmarktaufseher in Europa und anderswo seither ebenso vergeblich wie Libras Pläne, sich den Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Datenschutz sowie sämtlichen Gesetzen zu unterwerfen, die für herkömmliche Betreiber von Zahlungssystemen gelten. Selbst in der Schweiz, wo sich das Konsortium gesellschaftsrechtlich etabliert hat, pfeift der Facebook-Währung ein scharfer Wind entgegen. Für Risken, die jenen von Banken entsprechen, würden auch die für Banken geltenden regulatorischen Anforderungen gelten, teilte die eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde dieser Tage mit. Zudem müssten die Risken, die mit diesem digitalen Zahlungsmittel verbunden wären, ausschließlich von den Konsortialbetreibern getragen werden; sie dürften nicht auf die Benutzer der digitalen Libra-Münzen abgewälzt werden. Das würde die Profitabilität von Libra naturgemäß bedeutsam schmälern. Auch die Europäische Bankenaufsicht warnte davor, dass privat betriebene Zahlungssysteme in ein „schwarzes Loch“ fielen.
Im Visier der EU-Kommission
In Brüssel blicke man vor allem mit Sorge auf den Schutz der Daten der Libra-Benützer, hieß es gegenüber der „Presse“ aus der Europäischen Kommission. Auch hier beklagt man die Schweigsamkeit des Konsortiums. „Wir haben einfach nicht die nötige Information“, sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag.
Die politische Großwetterlage ist jedenfalls nicht zugunsten von Libra. Denn Margrethe Vestager, die bisherige Wettbewerbskommissarin, die bereits detaillierte Fragebögen an die Teilnehmer des Libra-Konsortiums geschickt hat, wird in der neuen Kommission zur Vizepräsidentin aufgewertet und damit beauftragt, Europas digitale Zukunft vorzubereiten. Vor allem solle sie „unsere digitale Souveränität“ stärken, sagte die designierte Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, am Dienstag in Brüssel bei der Vorstellung ihrer ?quipe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2019)