Karl-Heinz Grasser geißelte die Anklage – mehr als drei Stunden lang.
»Grasser: „Ich werde seit zehn Jahren verfolgt. Und sitze seit 20 Monaten zu Unrecht auf der Anklagebank.“«
»„Der Verkauf der Bundeswohnungen wurde korrekt und erfolgreich für die Republik umgesetzt.“«
Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 12. September 2019 erschienen.
Wien. Ja. Es gibt ihn noch, den Buwog-Prozess. Man schreibt mittlerweile Prozesstag Nr. 106. Und Richterin Marion Hohenecker erlaubte ihrem prominentesten Angeklagten, Karl-Heinz Grasser, seine Sicht der Dinge darzutun. So zwischendurch. Der Ex-Finanzminister machte davon Gebrauch. Umgehend. Mit Manuskript ausgestattet, hielt er eine Art Plädoyer. Mehr als drei Stunden lang. Dieses geriet phasenweise – nämlich dort, wo Grasser die Staatsanwaltschaft attackierte – zu einer Wutrede. Hier die wichtigsten Zitate, deren Bedeutung und deren Einordnung.
Ob zu Unrecht oder nicht, entscheidet das Gericht. Bei den Zahlen hat der 50-jährige Ex-FPÖ-Politiker recht. Die Überlänge des Verfahrens wird mit jedem weiteren Verhandlungstag problematischer. Zu sagen, Grasser verzögere durch unzählige Eingaben und beschwere sich dann, dass alles so lange dauere, ist nur die halbe Wahrheit. Auch die Anklagebehörde muss gewisse Längen auf ihre Kappe nehmen.
Und: Der Tatzeitraum begann laut Anklage bereits im Jahr 2000 (!) – schon im Vorfeld des mutmaßlich von Korruption getragenen Verkaufs von Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere). Zeugen zu finden, die sich noch ausreichend erinnern, ist schwierig. Österreichs Anwälte-Präsident, Rupert Wolff, sagte unlängst im „Presse“-Interview: „Wenn der Staat es nicht schafft, einen Menschen in schicklicher Zeit einer Straftat zu überführen und zu verurteilen, dann soll er die Finger davon lassen. Denn sonst ist es Ausübung von staatlicher Gewalt gegen den Betroffenen. Das sind Zustände, wie sie Franz Kafka beschrieben hat.“ Und ja, Wolff sprach ausdrücklich über den Buwog-Prozess.
Was soll ein Angeklagter schon anderes sagen? So mag man denken. Allerdings zielen Zitate dieser Kategorie auch auf den strafrechtlichen Kern der Anklage ab. Vorgeworfen wird Karl-Heinz Grasser, den Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger, dem Immobilienmakler Ernst Karl Plech und anderen Personen Untreue zulasten der Republik. Untreue begeht nur, wer wissentlich seine Befugnis missbraucht – und zwar im Hinblick auf fremdes (in dem Fall: staatliches) Vermögen.