Es trifft nicht nur die Superreichen!

In der Debatte über die Eigentumssteuer spricht die SPÖ stets von Millionären, dabei meint sie den Mittelstand.

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Sie werden immer skurriler, die Begründungen für eine Eigentumssteuer. Der Höhepunkt wurde zweifellos im „Presse“-Interview mit der SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner (5. 9.) erreicht. Da sagte die Parteichefin der Sozialdemokraten: „Weil wir sehen in Brasilien, was passiert, wenn Arm und Reich zu weit auseinandergehen. Das ist auch eine Frage der inneren Sicherheit.“ Das Argument der sozialen Gerechtigkeit ist nicht neu, es wurde auch schon vielfach mit Zahlen widerlegt. Aber die Eigentumssteuer als eine Frage der inneren Sicherheit hochzustilisieren ist schon grenzwertig.

Zudem muss man wissen, dass Brasilien weltweit als eines der Länder mit der größten Ungleichheit in der Einkommensverteilung gilt, während Österreich zu den Ländern mit der besten Einkommensverteilung zählt. So beträgt der sogenannte Gini-Koeffizient in Österreich 27,2 gegenüber 51,5 in Brasilien. Diese Kennzahl gibt den Grad der Ungleichheit in der Einkommensverteilung an, je höher desto schlechter. Der Vergleich mit Brasilien ist daher absurd.

Mit Sprache manipulieren

Bei einer Eigentumssteuer (egal, ob Erbschafts- oder Vermögenssteuer) wird auch gern von einer „Millionärssteuer“ gesprochen. Hier wird mit der Sprache manipuliert. Während über Jahrzehnte in unserem Sprachgebrauch als Millionär galt, wer eine Million oder mehr pro Jahr verdient, gilt plötzlich auch der als Millionär, der ein Leben lang gearbeitet und sich ein Auto, eine Eigentumswohnung und vielleicht ein Wochenendhaus erspart hat.

Auch das Argument, eine Erbschafts- oder Vermögensteuer treffe nur die Reichen und Superreichen, hält einer Überprüfung nicht stand. In den letzten beiden Jahren, in denen Österreich eine Erbschaftssteuer hatte, gab es unter 62.000 Erbschaftssteuerfällen 16 (im Jahr 2006) und 24 Fälle (2007) über einer Million Euro. Konkret heißt das: Sie sagen Millionäre, meinen aber den Mittelstand, der schrittweise enteignet würde. Dazu kommt, dass Österreich die fünfthöchste Steuer- und Abgabenquote in der EU hat. Eigentum wird aber in aller Regel aus hochversteuerten Einkommen geschaffen (bei einem Steuersatz bis 55 %), und bei Eigentumserwerb fallen weitere Steuern an, von Mehrwertsteuer bis Grunderwerbssteuer. Dazu kommen noch die Eigentumsertragssteuern wie die Kapitalertragssteuer oder Erträge aus Vermietung und Verpachtung usw.

Eine weitere skurrile Begründung für Eigentumssteuern brachte der „Anlegerschützer“ Wilhelm Rasinger im „Kurier“ (6. 9.) ins Spiel: Eine Unternehmerfamilie müsse, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können, Firmenanteile und Beteiligungen verkaufen. Das würde den Kapitalmarkt beleben. Die Angriffe auf das Eigentum sind nicht neu. Schon im 19. Jahrhundert hat der radikale linke Soziologe und Ökonom Pierre Proudhon in seinem Standardwerk über die Theorie des Eigentums definiert, dass Eigentum Diebstahl ist. Eigentum ist aber ein Grundwert einer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Es ist Voraussetzung für Freiheit und Unabhängigkeit, ein Grundpfeiler einer freien Gesellschaft. Wer am Eigentum der Menschen rüttelt, rüttelt an der freien Gesellschaft. Eigentum ist auch eine Triebfeder für Erwerbsstreben. Eigentum zu schaffen, zu vermehren, zu besitzen und zu nutzen ist eine wichtige Motivation im Arbeitsleben.

Eigentum in Form von Wohnungseigentum und Eigenheim gibt auch wirtschaftliche Sicherheit und hat eine starke emotionale Komponente. Es ist auch ein wichtiges Element der Altersvorsorge. Aus all diesen Gründen: Hände weg vom Eigentum!

Günter Stummvoll (* 1943 in Wien) ist Sprecher der Initiative Leistung und Eigentum und langjähriger Vorsitzender des parlamentarischen Finanzausschusses.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2019)

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