Sally Bowles geht wieder auf Männerfang

Draußen singen die Nationalsozialisten, drinnen lockt frivole Dekadenz: Gil Mehmert hat Kander und Ebbs Musicalklassiker „Cabaret“ inszeniert, spritzig und doch auch ernst. Bettina Mönch erfreut mit mächtiger Stimme, Direktor Robert Meyer bezaubert als jüdischer Obsthändler.

Äpfel, Birnen, Orangen und sogar eine frische Ananas aus Kalifornien im Winter, das war einst Luxus. Herr Schultz ist mit seinem Obstladen 1929 in Berlin, das unter der Wirtschaftskrise leidet, ein beliebter Mann. Die Zimmervermieterin, Fräulein Schneider, würde ihn heiraten, sie nimmt Abstand davon, als sie erfährt, dass Schultz Jude ist.

„Cabaret“ von Kander und Ebb wird oft gespielt, funktioniert aber nicht immer. Sogar die viel geliebte, mit acht Oscars geehrte Verfilmung von Bob Fosse mit Liza Minnelli (1972) wirkt heute schon etwas patiniert. Seit Samstagabend ist der Hit erstmals in der Volksoper zu erleben. Gil Mehmert hat inszeniert. Das Stück lebt von scharfen Kontrasten, hier der Kit-Kat-Club mit seiner frivolen Atmosphäre und der leicht aufgesetzten Fröhlichkeit, dort die Nationalsozialisten, die bald die Macht übernehmen werden. Sie prügeln – und singen das grausige Kunstlied „Der morgige Tag ist mein“.

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