Boeing laboriert am Flugverbot

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Symbolbild. (c) REUTERS (LINDSEY WASSON)
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Das über die Boeing 737 Max verhängte weltweite Startverbot wird für den US-Konzern immer mehr zum Debakel. Der Schaden beläuft sich auf viele Milliarden.

Seattle/Wien. Die beiden Abstürze des bestverkauften Boeing-Modells 737 Max haben den US-Flugzeugbauer vom Weltmarktführer zum Krisenfall gemacht. Ein halbes Jahr ist es her, dass über die Flugzeuge vom Typ 737 Max ein weltweites Startverbot verhängt worden ist. Und nach wie vor herrscht Ungewissheit darüber, wann die 737 Max wieder abheben darf. Dabei braucht der Luftfahrtgigant Planungssicherheit wie einen Bissen Brot. Denn, je länger sich die Wiederzulassung hinzieht, desto teurer wird die Causa – nicht nur für Boeing, sondern für die ganze Branche.

Die Folgen des Debakels sind vor dem Boeing-Werk in Renton nahe der US-Westküstenmetropole Seattle nicht mehr zu übersehen. Selbst auf dem Mitarbeiterparkplatz stehen nagelneue 737-Max-Jets, die nicht an Kunden ausgeliefert werden können. Boeing hat die 737-Produktion im Zuge der Flugverbote zwar um 20 Prozent gedrosselt, trotzdem werden in der Hoffnung auf eine rasche Wiederzulassung weiter rund 42 Maschinen pro Monat gefertigt. Die müssen nun in Renton und andernorts zwischengelagert werden. Laut US-Medien braucht das Unternehmen vorübergehend Hunderte von zusätzlichen Mitarbeitern, die sich um Zwischenlagerung und Instandhaltung der Flugzeuge kümmern.

Zahlreiche Klagen in den USA

Ein Boeing-Sprecher wollte sich dazu nicht konkret äußern. Doch auf der Jobwebseite des Konzerns befinden sich etliche entsprechende Angebote. Dabei sind die bisherigen Kosten für Boeing ohnehin schon immens. Allein im zweiten Quartal brockte das 737-Max-Debakel dem Airbus-Rivalen einen Rekordverlust von 2,9 Milliarden Dollar ein. Der Umsatz fiel um 35 Prozent auf 15,8 Milliarden Dollar. Boeings gesamte Schadensbilanz seit den im März verhängten Flugverboten belief sich laut dem Finanzdienst Bloomberg bereits Ende Juni auf 8,3 Mrd. Dollar (7,4 Mrd. Euro). Entlastung gab es seitdem nicht, im Gegenteil: Es kamen weitere Klagen, Konflikte und Probleme hinzu, die eine Wiederzulassung der 737 Max eher noch weiter verzögern dürften.

Als entscheidende Ursache der Flugzeugabstürze in Indonesien und Äthiopien, bei denen im Oktober und März insgesamt 346 Menschen gestorben sind, gilt eine fehlerhafte Steuerungssoftware von Boeing. Der Hersteller steht im Verdacht, die 737 Max unter Konkurrenzdruck durch den europäischen Erzrivalen Airbus überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Boeing bestreitet das, hat aber Pannen und Fehler eingeräumt. In den USA gibt es zahlreiche Klagen und Ermittlungen. (APA/awp/sda/dpa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2019)

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