Pop

Sleaford Mods live in Wien: Zorniges Bellen gegen Johnson

Archivbild: Sleaford Mods bei einem Auftritt 2016
Archivbild: Sleaford Mods bei einem Auftritt 2016(c) imago/GlobalImagens (imago stock&people)
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Konzert. Die Sleaford Mods spuckten in der prall gefüllten Wiener Arena virtuos Gift und Galle über die Zustände der britischen Unterschicht.

Eine mysteriöse Basslinie und ein öder Beat reichen meistens, um die Rants, die wütenden Einlassungen, von Sleaford-Mods-Textdichter Jason Williamson zu betten. „Into the Payzone!“, bellte er beim Opener in der prall gefüllten Arena. Das nachfolgende Wort „Touch Card“ betonte er so, wie man es im Englischunterricht auf keinen Fall lernt: mit U statt mit A. Die eigene Sprache zu verunstalten, das ist auch ein Symptom der Autoaggression der britischen Unterschicht.

„Eton Alive“ nennt sich das aktuelle Opus der Sleaford Mods. Dieses Wortspiel geißelt die Politik von Leuten wie David Cameron und Boris Johnson, Abgänger des Eliteinstituts. Und Williamson ist nicht zaghaft, wenn es um Johnson geht. Er sei ein Idiot, ein schwacher Hanswurst, der Großbritannien zerreißen wird, sagt er. Sein Befund fällt düster aus. „You have to do change, but the only change I like sits in my pocket. I'm a consumer“, lässt er seinen Antihelden in „Substraction“ sagen. Trotz aller Empörung bleibt Williamson in seinen rüde gebellten Zustandsbildern reflektiert.

Als Performer wirken die Sleaford Mods wie Figuren aus einem Comic. Andrew Fearn, der Mann, der für die Beats aus dem Laptop zuständig ist, benötigt nur ein paar Bierkisten, um sein Instrument richtig zu platzieren. Jason Williamson kommt mit einem Standmikrofon und ein paar Schlägen auf den Hinterkopf aus, die er sich selbst verabreicht. Bei den bisherigen zwei Wien-Konzerten war es zumindest so. Mittlerweile hat er diesen Tic beinah abgestellt.

Fontänen feinster Spucketeilchen

Einzig bei „Kebap Spider“ ahmte er die Bewegungen von Spinnenbeinen an seinem von einer Reindlfrisur gezierten Haupt nach. Sonst bestand sein herrlich reduzierter Show-Act aus Fontänen feinster Spucketeilchen, Zungezeigen und fidelen Tänzchen. In Großbritannien bespielen sie ja weitaus größere Räumlichkeiten, ohne an Punch zu verlieren. Trotz allen Furors, an diesem Abend war festzustellen, dass sie im Duktus etwas milder geworden sind.

Keineswegs aber, was die Inhalte anlangt. Stücke wie „Flipside“ zeichneten die Schattenseiten der britischen Gesellschaft mit brutaler Offenheit, waren aber musikalisch subtiler als Sleaford-Mod-Klassiker wie „Jobseeker“ und „Tied up in Nottz“, die dem Abend noch ein Rufzeichen anhefteten.


[PSJ7L]


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