Energie: Wasserstoff statt Dieselrauch

Betankung eines Brennstoffzellen-Staplers im BMW-Werk in Leipzig.
Betankung eines Brennstoffzellen-Staplers im BMW-Werk in Leipzig.(c) BMW AG
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Bei Schwerfahrzeugen, aber auch Staplern könnte die Brennstoffzelle eine interessante Alternative zu Diesel und Batterie sein. Noch mangelt es allerdings an Fahrzeugen, Infrastruktur und Akzeptanz.

Jetzt wird es ernst mit dem wasserstoffbetriebenen Lkw: In wenigen Wochen lädt Hyundai Fachjournalisten in die Schweiz, um dort den ersten serienmäßigen Brummer mit Brennstoffzellen-Technologie zu präsentieren. Das Konzept hat der koreanische Hersteller schon im Vorjahr vorgestellt. Die Realisierung erfolgt gemeinsam mit dem Schweizer Wasserstoffunternehmen H2 Energy und soll zusätzlich die Wasserstoffversorgung beinhalten. Bis Ende des Jahres könnte eine dreistellige Zahl dieser schweren Nutzfahrzeuge in der Schweiz unterwegs sein. Und spätestens im Laufe des kommenden Jahres sollen die Brennstoffzellen-Transporter auch hierzulande erhältlich sein, erzählt Roland Punzengruber, Geschäftsführer von Hyundai Österreich.

Knackpunkt Herstellung

Hyundai ist einer der Pioniere bei dieser Technologie. Das Unternehmen hat bereits einige Brennstoffzellen-Pkw auf dem Markt. Sie sind allerdings noch Exoten. Nicht einmal drei Dutzend davon fahren auf Österreichs Straßen. Dabei klingt der Einsatz von Hydrogen als Treibstoff verlockend. In der Brennstoffzelle des Fahrzeugs wird aus dem Gas elektrischer Strom, der einen E-Motor antreibt. Emittiert wird lediglich Wasser. Ein Haken an der Technologie ist allerdings die Wasserstoff-Herstellung. Umweltfreundlich ist die Lösung nur, wenn ausschließlich Wasserstoff aus Erzeugung mit „grünem“ Strom verwendet wird. Für den Logistikbereich könnte das bei etlichen Firmen durchaus möglich sein. Wie's geht, führt das oberösterreichische Unternehmen Fronius vor, das sich seit vielen Jahrzehnten mit der Umwandlung und Steuerung von Energie beschäftigt. In Thalheim bei Wels hat Fronius eine Pilotanlage gebaut, die aus Sonnenenergie grünen Wasserstoff erzeugt. Über eine innerbetriebliche Betankungsanlage werden damit Pkw und Stapler betankt, erzählt Thomas Rührlinger, verantwortlich für die Abteilung Business Development Hydrogen Solutions bei Fronius. Das Konzept funktioniere problemlos, berichtet er. Wasserstoff ist seiner Meinung nach für mobile Anwendungen mit hohem Energiebedarf und großen Reichweiten eine umweltfreundliche Alternative: „Schwertransporter mit Elektroantrieb benötigen riesige Batterien.“

Rührlinger sieht solche Anlagen daher als ideale Lösung etwa für Logistikbetriebe oder Gemeinden, die vor Ort ihre Energie selbst produzieren möchten. „Gratis-Energie“ aus der Sonne könne er allerdings nicht versprechen: „Will ein Kunde eine solche Anlage kaufen, um seine Energiekosten zu senken, können wir ihm diesen Wunsch nicht erfüllen.“ In der Startphase wären Förderungen für die umweltfreundliche Technologie wünschenswert, um die hohen Investmentkosten zu reduzieren. „Der zweite große Hebel sind die Stückzahlen, bei entsprechender Produktion in Großserie sieht es natürlich anders aus“, sagt Rührlinger.

Stapler als Testfeld

Ein Haken bei der Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle ist neben der geringen Zahl an Tankstellen das derzeit beschränkte Fahrzeugangebot. Nur wenige Hersteller haben marktreife Autos im Programm. Besser sieht es bei Staplern aus. Fast alle Jungheinrich-Elektrofahrzeuge ließen sich entsprechend umrüsten, sagt Unternehmenssprecher Benedikt Nufer. Allerdings sei die Nachfrage nach Brennstoffzellen für Flurförderfahrzeuge insbesondere in Europa sehr gering. Das Unternehmen forciert deshalb eine andere Technologie: „Forschung und Entwicklungsschwerpunkt ist die leistungsfähige Lithium-Ionen-Technologie. Sie ist heute technisch und wirtschaftlich hinsichtlich Wirkungsgrad, Verfügbarkeit und Sicherheit der Brennstoffzellentechnologie deutlich überlegen“, meint Nufer.

Anders bei Wettbewerber Linde. Das Unternehmen hat bereits vor 20 Jahren mit der Entwicklung von Staplern mit Brennstoffzellen begonnen. 2010 wurden erste Geräte in die Serienfertigung aufgenommen. Heute sind rund 80 Prozent aller Modelle mit dieser Energievariante erhältlich, berichtet Markus Weinberger, International Product Manager Energy Solutions: „Interesse an der Technologie haben bis dato insbesondere die Automobilhersteller und die Lebensmittelbranche.“ BMW etwa hat in seinem Werk in Leipzig im Rahmen eines Forschungsprojekts 70 wasserstoffbetriebene Indoor-Schlepper in Betrieb.

Potenzial großer Transportkapazitäten

Langfristig, in einem Zeitraum von etwa einem Jahrzehnt, habe Wasserstoff zweifellos Potenzial als Energieträger, meinen die Experten. Es wird aber auf den Einsatz ankommen. Der „Spiegel“ veröffentlichte unlängst eine Studie des Fraunhofer-Institutes. Sie zeigt, dass Brennstoffzellenautos mit großer Reichweite oder Transportkapazität klimafreundlicher sind als vergleichbare Batteriefahrzeuge mit ähnlicher Reichweite. Elektroautos mit kleinen Batterien dagegen schneiden besser ab als Wasserstofffahrzeuge. Und beide sind bei Kilometerleistungen über 150.000 Kilometern besser als Dieselfahrzeuge.

Info

Der erste Prototyp eines größeren brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeuges wurde 1959 in den USA vorgestellt. Es handelte sich um einen Traktor. Eines der heutigen Einsatzgebiete ist die Intralogistik: Die amerikanische Handelskette Walmart und Amazon betreiben in ihren riesigen Lagerhallen ganze Staplerflotten, die mit Wasserstoff betrieben werden. In Europa testet der Autohersteller BMW in den Produktionshallen seines Werks in Leipzig derzeit 70 Routenzüge auf Wasserstoffbasis. Projektpartner sind unter anderem Linde Material Handling, Fronius, Günsel und die TU München.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2019)

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