Nationalrat: „Wahl vor Augen, nicht Wohl der Österreicher“

Finanzminister Eduard Müller
Finanzminister Eduard Müller APA/ROBERT JAEGER
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Die Abgeordneten haben heute ein straffes Programm: Arbeitnehmer und Pensionisten sollen entlastet, Staatsbürgerschaften adaptiert und über Hacker, Klima und Tierschutz soll debattiert werden. Eine Warnung gab es schon im Vorfeld von Finanzminister Eduard Müller.

Eineinhalb Wochen vor der Wahl hat am heutigen Donnerstag auch der parlamentarische Countdown bis zum Urnengang begonnen. Zum vorletzten Mal in der gegenwärtigen Besetzung trat der Nationalrat zusammen. Anlass ist eine von der Liste Jetzt beantragte Sondersitzung, in deren Rahmen aber nicht nur zum ausgewählten Thema „Datenklau-Affäre" diskutiert wird, sondern auch Gesetze beschlossen werden.

Mit ehrenden Worten für den vor Kurzem verstorbenen ehemaligen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) begann die Sitzung. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beschrieb Hundstorfer als stets freundlich, offen und typischen Wiener mit Schmäh: "Wir werden ihm immer ein Ehrenandenken erweisen." Sobotkas Worten folgte ein Moment der Stille.

„Casino-Parlamentarismus pur“

Anschließend ging es in die Debatte über die von ÖVP und FPÖ geplante Entlastung für Bezieher kleiner Einkommen sowie von Landwirten und Gewerbetreibenden. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer vorziehen (nach dem türkis-blauen Modell soll sie über die Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden). Zudem forderte sie die Einführung eines Mindestlohns von 1700 Euro – bis zu dieser Grenze sollte auch keine Lohnsteuer gezahlt werden müssen.

„Das ist Casino-Parlamentarismus pur“, meinte dazu ÖVP-Klubchef August Wöginger. Die SPÖ-Vorschläge würden das Budget der nächsten Jahre sprengen. Das von den Ex-Regierungspartnern vorgelegte Paket sei dagegen ein „gutes“, das die Abgabenquote senken werde.

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FPÖ-Chef Norbert Hofer lobte nicht nur die vorgelegte Entlastung, sondern überhaupt die Politik der geplatzten Koalition: Erstmals seien keine neuen Schulden gemacht worden, trotzdem habe man etwa in den Schienenausbau und die Polizei investiert. Die ebenfalls für heute geplante Anhebung der Pensionen verteidigte er vehement: „Diese Generation hat Österreich aufgebaut und fleißig Steuern bezahlt, daher ist das gerechtfertigt.“

Neos: „Schlag ins Gesicht der jungen Menschen“

„Was wir heute sehen ist ein Schlag ins Gesicht der jungen Menschen“, kritisierte dagegen Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger die Pensionserhöhung. Alle Parteien außer ihrer würden teure Wahlzuckerl verteilen: „Sie haben die Wahl vor Augen, nicht das Wohl der Österreicher.“ Eine Entlastung der Steuerzahler sei bitter nötig, daher sei sie mit der geplanten Entlastung der Kleinunternehmer auch einverstanden. Vor allem aber müsse die kalte Progression abgeschafft werden.

Klientelpolitik warf der Jetzt-Abgeordnete Bruno Rossmann der ÖVP vor: Bei der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge würden bei den Arbeitnehmern zwar die Niedrigverdiener entlastet, bei Bauern und Selbstständigen aber auch Bezieher hoher Einkommen.

Eine Warnung gab es von Finanzminister Eduard Müller angesichts der hohen Kosten der Beschlüsse. Das, was heute beschlossen werde, werde auf europäischer Ebene und auf Ebene der Rating-Agenturen nicht unbemerkt passieren. Gelobt wurde von ihm die neue Digitalsteuer, eine große Maßnahme, bei der es um Fairness gehe.

(Red. )

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