Der WAC ist der Exot im zweitwichtigsten europäischen Fußballbewerb. Chancenlos sind die Kärntner deshalb aber nicht, auch wenn gleich zum Auftakt der deutsche Topklub Borussia Mönchengladbach wartet.
Wolfsberg/Wien. 46.291 Zuschauer passen in den Borussia-Park von Mönchengladbach, alle Wolfsberger (25.000) hätten hier locker Platz, ja fast die gesamte Bevölkerung des Kärntner Lavanttals würde sich ausgehen. Der Wolfsberger AC stellt sich dort am Donnerstag (21 Uhr, live, Puls 4, Dazn) Borussia Mönchengladbach, immerhin Tabellenfünfter der vergangenen Saison der deutschen Bundesliga.
Es ist der Auftakt zur Europa League, dem internationalen Trostbewerb, zumindest für die klingendsten Namen unter den diesjährigen Teilnehmern, darunter Manchester United, Arsenal London, FC Sevilla, AS Roma und wohl auch Gladbach. Die zweite europäische Liga ist auch Sinnbild für den aufgeblähten Fußballbetrieb: Nach insgesamt fünf Qualifikationsrunden treten nun 48 Mannschaften in zwölf Gruppen gegeneinander an, das sind 144 Partien allein in der Vorrunde, ehe ab kommendem Frühjahr weitere vier K.-o.-Runden bis zum Finale am 27. Juni in Danzig warten. Als Startprämie zahlt die Uefa 2,92 Millionen Euro an jeden Klub, also einen Bruchteil jener Beträge, die in der Champions League fließen (Startprämie: 15,25 Mio. Euro).
Goldgrube
Für den WAC ist die Europa League dennoch die prestigeträchtigste und lukrativste Angelegenheit der Klubgeschichte. Mit ein paar Achtungserfolgen – für einen Sieg gibt es 570.000, für ein Remis 190.000 Euro – lässt sich das Jahresbudget mitunter verdoppeln.
Dass die Kärntner international mit von der Partie sind, ist vor allem Christian Ilzer zu verdanken. Der Trainer, der sich inzwischen mit der Wiener Austria plagt, hat den WAC in der Vorsaison auf Tabellenplatz drei der Bundesliga und damit in die Europa-League-Gruppenphase geführt. Unter Nachfolger Gerhard Struber liegt Wolfsberg nach sieben Bundesligarunden auf Platz drei. Ein beachtlicher Erfolgslauf, aber keine Überraschung in einer Liga, die für starke Dorfklubs bekannt ist. Immerhin spielten schon Altach, Grödig und Ried in der Europa-League-Qualifikation. Mit Ausnahme von Red Bull Salzburg (u. a. Halbfinale 2018) hat es in den bisherigen zehn Auflagen der Europa League aber noch kein heimischer Vertreter (Austria, Rapid, Sturm Graz) über das Sechzehntelfinale hinaus geschafft.
Der WAC ist auch hier, in der zweiten Garnitur Europas, neben Luxemburgs Meister F91 Düdelingen der Exot. Was nicht heißen muss, dass man auch der große Außenseiter ist. Die Gruppe J mit AS Roma, Istanbul Başakşehir und eben Borussia Mönchengladbach ist zwar eine der stärksten überhaupt, die Auftritte der Wolfsberger zuletzt gegen Vizemeister Lask (1:0) und die Austria (3:0) geben allerdings Hoffnung.
„Unser Tenor ist es, immer den Takt vorzugeben. Auch dort, in allen Belangen“, erklärte Trainer Struber vor dem Gastspiel in Mönchengladbach. „Ich möchte, dass wir die Energie, die in diesem Stadion herrscht, als Brennstoff benützen.“ Noch ist gegen Gladbach eine Überraschung denkbar, nicht alle Ideen des ehemaligen Salzburg-Erfolgstrainers Marco Rose funktionieren beim deutschen Topklub bereits (vier Punkte in sieben Ligarunden). Und Struber und Rose kennen sich gut, beide haben zeitgleich im Red-Bull-Fußballkonzern gearbeitet. (joe)
Europa League 1. Spieltag (Auswahl)
Gruppe D: Lask – Rosenborg Trondheim, PSV Eindhoven – Sporting Lissabon (je 18.55 Uhr, live, Dazn)
Gruppe J: Mönchengladbach – WAC (21 Uhr, live, Puls4, Dazn), AS Roma – Istanbul Basaksehir (21, Dazn)
Gruppe F: Eintracht Frankfurt (Trainer Hütter) – Arsenal, Standard Lüttich – V. Guimaraes (je 18.55, Dazn)
Gruppe I: Wolfsburg (Trainer Glasner) – FC Olexandrija (UKR), KAA Gent – AS St. Etienne (je 21 Uhr, Dazn)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2019)