Mit einem Fuß im Kriminal bei Insolvenz

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einem Fuss Kriminal Insolvenz(c) BilderBox (BilderBox.com / Erwin Wodicka)
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Längst nicht mehr jede Insolvenz zieht ein Strafverfahren nach sich. Beträchtliche Haftungsrisken bestehen jedoch nach wie vor.

Um 9,3 Prozent mehr Insolvenzen gab es im Vorjahr – wirklich krisenbedingt waren aber nur relativ wenige Firmenpleiten. Das geht aus der Insolvenzursachen-Statistik des Kreditschutzverbandes KSV 1870 hervor. 80 Prozent der Insolvenzen sind demnach auf ein Versagen des Managements zurückzuführen. Der Anteil externer Ursachen, von geänderten Marktbedingungen über Kreditrestriktionen bis zu Ausfällen von Abnehmern oder Lieferanten stieg allerdings und lag zuletzt bei 18 Prozent.

42 Prozent der Pleiten lassen sich auf innerbetriebliche Fehler zurückführen, 15 Prozent auf Fahrlässigkeit – von mangelnder Wirtschafts- oder Branchenkenntnis bis zu überflüssigen Investitionen – und 14 Prozent auf Kapitalmangel. Ein schwerwiegenderes Verschulden lag in neun Prozent der Fälle vor, bei zwei Dritteln davon handelte es sich um betrügerische Machenschaften.

Und jetzt die gute Nachricht: Pro Jahr gehen nur knapp zwei Prozent der aktiven Unternehmen pleite. Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz beim KSV1870, plädiert deshalb dafür, „die Kirche im Dorf zu lassen“. Zwar sei feststellbar, dass „das Management tendenziell immer weniger mit schlagkräftigen Ideen aufwartet, um etwa auf veränderte Marktbedingungen oder Konkurrenzsituationen zu reagieren“. Aber: „Mehr als 98 Prozent der Unternehmen bewähren sich Jahr für Jahr. Und dort hat das Management dann wohl auch zumindest 80 Prozent Anteil am Erfolg.“

Bei Firmen, die in die Pleite schlittern, sehen sich Unternehmer oder Topmanager oft mit Haftungsfragen konfrontiert – allerdings nicht mehr im selben Ausmaß wie noch vor rund einem Jahrzehnt. Vor der im August 2000 in Kraft getretenen Strafrechtsreform zog noch praktisch jeder Konkurs ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Krida nach sich. Das ist heute anders: Nur mehr grobfahrlässiges oder vorsätzliches Handeln ist strafrechtlich relevant. Wer etwa Unternehmensvermögen gezielt auf die Seite schafft, hat betrügerische Krida zu verantworten.

Den Straftatbestand der fahrlässigen Krida gibt es dagegen nicht mehr. An seine Stelle trat die grobfahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, etwa durch Verschleudern von Vermögen oder schwere Mängel bei der Buchführung.

Unterschätzen sollte man das strafrechtliche Risiko trotzdem nicht. So kann es relativ leicht passieren, dass man etwa den Tatbestand der „Gläubigerbegünstigung“ erfüllt – womit gemeint ist, dass man einzelne Gläubiger, die besonders „lästig“ sind, besser stellt als den Rest. „Es ist ein typischer Fehler, andrängende Gläubiger zu bezahlen, obwohl man weiß, dass das Geld nicht mehr für alle reicht“, so Eva Spiegel, Insolvenzrechtsexpertin bei Wolf Theiss. Ein ähnliches, spezielles Delikt ist das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen.

Riskantes „Löcherstopfen“


Auch das dauernde „Löcherstopfen“ mit Geld, das für andere Zwecke vorgesehen war, kann strafrechtlich relevant sein, wenn am Ende Gläubigerinteressen auf der Strecke bleiben. Auf der sicheren Seite ist man jedoch, wenn man – so Spiegel – an eine bloß kurzfristige Zahlungsstockung glaubt; letztlich eine Frage der Beweisbarkeit.
Abgesehen von den strafrechtlichen Folgen, können Manager auch zivilrechtlich haftbar werden, wenn ihr Unternehmen pleitegeht. Handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft, haften die Organe – etwa die Geschäftsführung einer GmbH – bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber der Gesellschaft selbst.
Zusätzlich kann eine persönliche Haftung gegenüber den Gläubigern entstehen. „Sie ist immer dann gegeben, wenn ein Straftatbestand vorliegt“, so Spiegel. Aber nicht nur in diesem Fall. Selbst wenn man bloß zu spät Insolvenz anmeldet, kann das schon Haftungsfolgen auslösen.

(cka)

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