Entscheidungen zu treffen verlangt Mut und Verantwortung abzugeben. Leonhard Schitter baut die Salzburg AG derzeit auf agiles Arbeiten um – auch das erfordert Mut.
Von außen betrachtet sind es zwei Teile, die höchst unterschiedlich sind. Und die trotzdem unter einem Dach zu Hause sind: das Energiewirtschafts- und das Telekommunikationsunternehmen. Beide gehören sie zur Salzburg AG, deren CEO seit 2012 Leonhard Schitter ist. Der Bereich der Energiewirtschaft, der auf Sicherheit und Langfristigkeit ausgelegt ist, und die Telekommunikationsbranche mit sich sehr kurzfristig verändernden Technologien und Kundenwünschen.
Zwei Einheiten mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und unterschiedlichen Traditionen. Zwei Einheiten, die für den 51-jährigen bewusst eigenständig zu führen sind: „Damit hat jeder die Möglichkeit, seine Qualitäten optimal auszuspielen“, sagt Schitter. Für den Telekommunikationsbereich gibt es das strategische Ziel, in Richtung der kompletten Digitalisierung zu gehen und dort die Produktmöglichkeiten abzuschöpfen.
In der Energiewirtschaft wird Sicherheit großgeschrieben – was in Österreich auch gut gelinge: Man könne eine Versorgungssicherheit von mehr als 99 Prozent zusichern. Dennoch müsse man auf sich verändernde Modelle für Energieerzeugung, -handel oder -lieferung reagieren und neue, digitale Konzepte entwickeln. Ein Grazer Start-up etwa liefert die Software, mit der dank künstlicher Intelligenz die automatische Einsatzplanung im Energiehandel abgewickelt wird Große strategische Veränderungen also, begleitet von viel Kommunikationsarbeit.
Sehr strukturierte Arbeitsweise
Um den verschiedenen Herausforderungen auch gerecht werden zu können, stellt das Unternehmen im Telekombereich auf agiles Arbeiten um, mit dem Ziel, diese Arbeitsweise später sukzessive auf alle Bereiche auszudehnen. Agilität, sagt Schitter, „ist keine lustige, sondern eine sehr strukturierte Arbeitsweise. Je mehr Projekte wir erfolgreich umsetzen, desto mehr Bewegung kommt in dieser Hinsicht ins Unternehmen.“
Dafür brauche es eine penible Vorbereitung – auch in der Kommunikation. Es dürfe nicht passieren, dass sich „einige als junge wilde Digitale sehen und dass möglicherweise genauso innovative Kollegen als die Langsamen dastehen“. Auch deshalb habe man den „Marktplatz der Macher“ eingerichtet, auf dem Mitarbeiter ihre Ideen einbringen und umsetzen können.
Zur Person
Leonhard Schitter ist seit 2012 Vorstand der Salzburg AG, seit 2016 auch Vorstandssprecher. Der 51-jährige Salzburger startete seine Karriere im Büro der ehemaligen Salzburger Landeshauptmänner Katschthaler und Schausberger, bevor er für zwölf Jahre in die Geschäftsführung des ebenfalls in Salzburg beheimateten Holzverarbeiters Kaindl wechselte. Seit 2017 ist der promovierte Jurist auch Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der heimischen E-Wirtschaft.
Umgesetzt wird seit drei Jahren auch eine intensive Zusammenarbeit mit Start-ups: mit dem Innovation Summit, der Innovation Challenge und einem Venture-Capital-Programm. Vier Millionen Euro wurden hier zuletzt investiert. „Wir wollen jungen Unternehmen die Möglichkeit geben, von unserem Know-how zu profitieren, und versprechen uns umgekehrt auch neue Lösungen“, sagt Schitter. „Das ist befruchtend, weil wir sehen, wie unkompliziert sie an Dinge herangehen und wie sie teilweise mit unkonventionellem Denken neue Lösungen finden.“
Jede Menge Mut gefragt
Um neuen Ideen einen Platz zu geben, wurden zudem drei Boards – Innovation, Digitale Produktentwicklung und Vertrieb – eingeführt. Sie haben jeweils sieben, acht Mitglieder quer durch das Unternehmen, die auch weitgehende Entscheidungsbefugnis eingeräumt bekommen haben.
Apropos entscheiden: „Agil zu arbeiten“, sagt Schitter, „verlangt Mut, nicht mehr alles selbst zu entscheiden und Verantwortung weiterzugeben.“ Das entlasse ihn aber nicht aus der Letztverantwortung. „Mein Ansatz lautet: fördern, fordern, fair sein.“ Diese Trias bedeute, in allen Bereichen klare Ziele zu haben, die gemeinsam erarbeitet werden. Wenn diese Vorgaben verstanden, akzeptiert und gemeinsam getragen werden, gelte es nur noch die Umsetzung zu begleiten. Fair zu sein schließlich bedeute, für alle nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen.
Das begleitet ihn auch in seiner Tätigkeit als Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der heimischen E-Wirtschaft. In diesem politischen Amt, in dem er versucht, Antworten auf Fragen der Regulatorik und Energiezukunft zu bündeln, gehe es „immer nur im Gemeinsamen“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2019)