Überraschungs-Beschlüsse im Nationalrat kosten rund 500 Millionen Euro

Finanzminister Eduard Müller
Finanzminister Eduard MüllerAPA/ROBERT JAEGER
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Der Nationalrat hat am Donnerstag kurzfristig die abschlagsfreie Pension nach 45 Versicherungsjahren und ein indirektes Comeback der Aktion 20.000 beschlossen.

Der Nationalrat hat Donnerstagabend mit wechselnden Mehrheiten Beschlüsse gefasst, die das Budget über Jahre hinaus belasten werden. Laut Berechnungen des Finanzministeriums kosten die Beschlüsse, die kurzfristig noch dazu gekommen sind, noch einmal gut 500 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. Ins Gewicht fallen dabei neben der Steuerreform vor allem die Pensionen und die Förderung älterer Arbeitsloser.

Schon bekannt war, dass sich die Pensionsanpassung mit 1,2 Milliarden Euro zu Buche schlägt, wobei die doppelte Inflationsanpassung für die niedrigen Pensionen rund 350 Millionen ausmacht. Überraschend hinzugekommen ist nun am Donnerstag die abschlagsfreie Pension nach 45 Versicherungsjahren. Das kostet laut Berechnungen des Finanzministeriums im kommenden Jahr 380 Millionen Euro und im Jahr 2021 dann 390 Mio. Euro. Dazu kommt noch die Abschaffung der einjährigen Wartefrist für die erste Pensionserhöhung, das macht im kommenden Jahr 15 Millionen und im Jahr 2021 30 Millionen Euro aus. Dem Pensionspaket haben nur die Neos nicht zugestimmt.

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Ebenfalls gegen die Neos wurde ein indirektes Comeback der Aktion 20.000 beschlossen. Langzeitarbeitslose über 50 sollen dabei über das AMS wieder besonders gefördert werden. Diese auf zwei Jahre befristete Aktion kostet 2020 und 2021 jeweils 50 Millionen Euro.

Dass sich die von ÖVP, FPÖ und teilweise auch mit den Stimmen der Neos beschlossene Steuerreform mit (abzüglich der Gegenfinanzierung) rund 600 Millionen Euro im Jahr 2021 zu Buche schlägt, war schon vor der gestrigen Sitzung bekannt. Hier kommen allerdings noch Verbesserungen für Behinderte hinzu, die kurzfristig aufgenommen wurden. So kostete die einstimmig beschlossene Nova-Rückerstattung für Behinderte 25 Millionen Euro pro Jahr und die Aufstockung der Freibeträge für Behinderte 20 Millionen Euro pro Jahr.

Junge Industrie „fassungslos"

Besonders verärgert reagierte am Freitag Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Im Vergleich zu den Beschlüssen von gestern und vom Juli sei die legendäre Sitzung vom 24. September 2008 ein "Lercherlschas". Auch die Junge Industrie zeigte sich "fassungslos" über die Pensionsbeschlüsse.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger verteidigte hingegen vor allem die Unterstützung für ältere Arbeitslose, die Mittel für diese Gruppe könnten nun treffsicher eingesetzt werden. FPÖ-Obmann Norbert Hofer und die stellvertretende Klubobfrau Dagmar Belakowitsch bezeichneten die Pensionsbeschlüsse als "mehr als gerecht". Für die SPÖ sprach Produktions-Gewerkschafter Rainer Wimmer von einem "historischen Erfolg für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", weil diese nun wieder nach 45 Arbeitsjahren ohne Abschläge in Pension gehen können.

Die Liste Jetzt freute sich vor allem über die Erleichterungen für Behinderte. Diese begrüßte auch Behindertenanwalt Hans-Jörg Hofer, der von "erheblichen Entlastungen" für Menschen mit Behinderungen sprach. Der SPÖ-Pensionistenverband würdigte neben der Pensionsanpassung vor allem die abschlagsfreie Pension nach 45 Jahren und die Abschaffung der Wartefrist auf die erste Pensionsanpassung. Die Wirtschaftskammer wiederum begrüßte die Entlastungen durch die Steuerreform und anerkannte, dass die Betriebe von bürokratischen und steuerlichen Erleichterungen profitieren würden.

(APA)

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