Peter Peßl: Heute schon für morgen rechnen

Peter Peßls Spezialgebiet ist die Erkennung von „Seitenkanalattacken“, also Angriffen, die eher durch die Hintertür geschehen.
Peter Peßls Spezialgebiet ist die Erkennung von „Seitenkanalattacken“, also Angriffen, die eher durch die Hintertür geschehen.(c) Gery Wolf
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Der Informatiker Peter Peßl forscht an Berechnungsmethoden, die in der Zukunft wichtig sind: Wie kann man Angriffe von Quantencomputern sicher abwehren?

Dass es bei mir in Richtung Informatik geht, war von Anfang an klar. Auf dem Computer meiner Eltern habe ich schon herumgedrückt, als ich noch nicht einmal lesen konnte“, erzählt Peter Peßl. Und mit 31 Jahren hat er jetzt sub auspiciis an der TU Graz am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie promoviert.

„Ich hätte selbst nicht geglaubt, dass meine Leistung für eine Sub-auspiciis-Promotion reicht. In der Schule hatte ich zwar lauter Sehr Gut, aber an der Uni nicht mehr. Doch als mir klar wurde, dass es die Abschlusszeugnisse sind, die alle mit Sehr Gut benotet sein müssen, hat es mich schon sehr gefreut“, sagt Peßl. Für ihn war es eine besondere Ehre, als der Bundespräsident ihm den Sub-auspiciis-Ring in der Aula der TU Graz überreichte. „Am stolzesten war mein Opa“, schmunzelt der junge Grazer.

Über Umwege Daten lesbar machen

Für seine Dissertation hat der Informatik-Experte sich auf den Security-Bereich konzentriert mit der Hauptfrage, wie man Angriffe auf die Datensicherheit abwehren kann. Sein Spezialgebiet ist die Erkennung von „Seitenkanalattacken“, also Angriffe, die eher durch die Hintertüre geschehen. „Ein analoges Beispiel aus Film und Fernsehen ist, dass man ein Stethoskop an einen Safe hält, um diesen zu knacken“, beschreibt Peßl. Der Safe hat nur zwei Zustände: offen und zu. Doch durch das Geräusch des Klickens, wenn die richtige Zahl das Schloss frei gibt, erhält der Angreifer eine wichtige Information über einen „Seitenkanal“.

So etwas Ähnliches macht Peßl im digitalen Bereich, allerdings ohne Stethoskop. „Ich habe zum Beispiel ein System, das irgendetwas rechnet:  eine Chipkarte, ein eingebettetes System oder einen PC. Über die Beobachtung des Systems kriegt man bestimmte Informationen heraus. Wie viel Strom verbraucht das System, wie lang brauchen gewisse Operationen?“, zählt Peßl auf. Aus diesen Informationen kann man zurückrechnen, auf Dinge, die im System passiert sind – also über Seitenkanäle die Verschlüsselung brechen. Verschlüsselte Daten werden also über Umwege lesbar gemacht. „Vor zwanzig Jahren waren Chipkarten gegen solche Seitenkanalattacken noch gar nicht gesichert und für Angreifer leicht zu knacken“, weiß Peßl. Inzwischen hat die Industrie sich darauf eingestellt, dass man jedes Produkt auch sicher gegen solche Angriffe machen muss.

Peßl schaut in seiner Forschung aber nicht in die Vergangenheit, sondern weit in die Zukunft. Weltweit arbeiten Informatiker und Quantenforscher an dem nächsten großen Schritt der Technologieentwicklung: an Quantencomputern. „Irgendwann werden sie kommen, man weiß aber nicht wann. Derzeit heißt es, in 15 Jahren ist der Quantencomputer markttauglich, aber das wurde vor 15 Jahren wahrscheinlich auch schon gesagt.“ Peßl arbeitet bereits jetzt an kryptografischen Methoden, die ein Produkt wie Chipkarten oder Computer sicher machen gegen Angriffe von Quantencomputern – auch wenn sie durch die Hintertüre kommen. „Aktuell sind Quantencomputer noch nicht leistungsfähig genug, um das durchzuführen, aber unsere Forschung hilft, zu entscheiden, welche Algorithmen in Zukunft notwendig sind, um Chipkarten und Rechensysteme zu schützen.“ In seinem Team werden also verschiedene Angriffsszenarien durchgerechnet: „Manche Informationen bekommt man leichter, andere schwerer durch das Hinhören – so wie der Safeknacker es mit dem Stethoskop macht.“

Und was macht Peßl, wenn er genug von der Arbeit im Labor und am Computer hat? „Wenn vom Tag noch was übrig ist, und viel Freizeit bleibt ja nicht, dann bin ich ein ganz typischer Österreicher– ich geh‘ gern auf die Berge“, sagt er. Im Sommer wandern, im Winter Skifahren: Je schneller, umso besser. Wie seine wissenschaftliche Karriere weitergeht, wird sich im Laufe des nächsten Jahres zeigen: „Da muss man verschiedene Angebote sondieren. Rein wissenschaftlich an der Uni ist leider der schwierigere Weg. Ich weiß noch nicht, was es für mich wird, aber auch wenn die Wirtschaft anklopft, möchte ich auf jeden Fall forschungsnah bleiben.“

Zur Person

Peter Peßl wurde 1987 in Graz geboren, wuchs in Gasen auf und wählte schon in der Schule stets den Informatikzweig. An der TU Graz promovierte er 2019 in Informatik und ist seit 2014 Uni-Assistent am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie der TU Graz und Teil der Secure-Systems-Gruppe mit Spezialisierung auf Attacken in der Post-Quanten-Kryptografie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2019)

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