Steirischer Herbst: „Grand Hotel Abgrund“ bittet zum Kunstgenuss

„Österreich, du Opfer“: Eduard Freudmann verhüllte das Grazer Denkmal zur „Befreiung“ von den Alliierten.
„Österreich, du Opfer“: Eduard Freudmann verhüllte das Grazer Denkmal zur „Befreiung“ von den Alliierten.(c) Völzke
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Intendantin Ekaterina Degot gibt mit ihrem zweiten Festivalprogramm eine klare Richtung vor. Es funktioniert auf mehreren Ebenen und folgt der alten Erzählung von einer dekadenten Gesellschaft vor dem Untergang.

Es dauert seine Zeit, bis auch alle internationalen Journalisten es verstanden haben. Die Buchstabenreihe „ÖDUOPFER“, die auf dem knallig pinken Obelisken im Stadtpark zu lesen ist, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Aber auf den zweiten. So rückte auch schon in der zweiten Nacht der Intervention des Wiener Künstlers Eduard Freudmann, der hier das „Befreiungsdenkmal“ (befreit von den Alliierten) verhüllt hat, ein Grazer Sprayer oder eine Sprayerin aus, um dem hier karikierten österreichischen Opfermythos etwas hinzuzufügen, in steirischem Grün natürlich: „I love Ö“ steht da jetzt auch. Eine sich ebenfalls erst auf den zweiten Blick entlarvende Liebeserklärung (an den Opferstatus nämlich).

Künstler, Intendantin und Journalisten sind jedenfalls entzückt von so viel volkstümlicher Vielschichtigkeit. Und Graz hat etwas, worüber es sich aufregen kann. Es ist also wieder einmal ein Steirischer Herbst, der alle in der über 50-jährigen Geschichte dieses Festivals tradierten Stückerl spielt: ein bisschen provokante Kunst im öffentlichen Raum, die mitteleuropäische Dekadenz des sicheren Hafens, internationale Aufmerksamkeit durch eine prominente Künstlerschaft und sogar ein wenig harten, aber lustigen Sex. Dazu später.

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