Sonnenuntergang über der Drau
Das Obere Drautal

Kärnten: Die Drau fließt schimmernd durchs Tal

Das Obere Drautal kennt man eher nur vom Durchfahren. Dabei könnte man Wein und Wasser, Berge und Sterne hier viel näher haben.

Bereits die Anreise ist ein Vergnügen, schon gar wenn man sich aus Ostösterreich von der Bahn entspannt durch die Berge chauffieren lässt. Und wenn der Zug bei Möllbrücke vom Unteren ins Obere Drautal abbiegt, wird es landschaftlich gleich noch einmal eine Kategorie romantischer. Hat man den Glocknerhof in Berg im Drautal als Logis gewählt, muss man seinen „Haltewunsch“ per Druckknopf an den Lokführer übermitteln. Prompt hält der Zug in der Station zwischen Drau und Ortseinfahrt, Adolf Seywald wartet schon beim Auto und schickt ein freundliches Grinsen zur Begrüßung. Rasch geht es in sein Hotel, könnte man auch zu Fuß schaffen, Kärntner Gastfreundschaft lässt dies aber nicht zu.

Erstaunlich voll präsentiert sich der Parkplatz neben dem großen Haus am Hang, die meisten Autos tragen deutsche Kennzeichen, einige der Besitzer outen sich mittels Stickers als Modellflieger. „Die thermischen Verhältnisse bei sind bei uns im Tal wegen dessen West-Ost-Ausrichtung dafür hervorragend geeignet“, erklärt der Hotelier, „wir haben uns diese Nische zunutze gemacht, um in der Nebensaison das Haus zu füllen.“ Clevere Idee, später erfahre ich von einschlägig interessierten Stammgästen, dass die Seywalds zum bereits existierenden einen eigenen Flugplatz auf dem Feld neben der Drau errichtet haben, inklusive Stromanschlusses, kleiner Werkstatt und eines schmucken, architektonisch als Heuschober auftretenden Sanitärhäuschens.

Fliegen kann man natürlich auch von den Bergen rund um das Obere Drautal, sogar selbst, mit dem Gleitdrachen. Wenn man sich traut. Tun wir nicht, selbst wenn der Ausblick vom Startplatz am Fuße der Emberger Alm vertrauenerweckend ist. Stattdessen wandern wir bergan zum Nassfeldriegel, des Blicks und der Kalorienverbrennung wegen, die Kärntner Küche wird es am Abend wieder richten.

Emberger Alm
Emberger Alm Imago

Waldgrenze und Milchstraße

Als sach- und ortskundige Führerin hat sich Waltraud Sattlegger zu uns gesellt, auch wenn ihre Firma Drausport heißt, ist sie doch an der Waldgrenze aufgewachsen. Und kennt sich ergo mit Flora und Fauna aus, weiß über den Unterschied von Schneehuhn und Schneehendl, Schwammerlplätze, Wildkräuter sowie die richtige Reife der Preiselbeeren Bescheid. Aus der angepeilten Stunde werden so deren drei, noch besser, meint sie, wären drei Tage, dann könnte man zu den zwei Seen und aufs Kreuzeck wandern und den Großglockner von der schönsten Seite sehen.

Doch nun ruft uns nicht der Berg, sondern Sattleggers Alpenhof, wo Waltrauds Schwägerin das Regiment in der Küche der einstigen Sennerei führt. Die kleine Suppe entpuppt sich da als veritable gemüseschwangere Bouillonschüssel, zum zarten Hirschsteak empfiehlt sie sicherheitshalber noch die Eierschwammerlsauce, nur falls Blaukraut und Nockerln nicht reichen sollten. Und weil sich's so gehört, lehnen wir die Schwarzbeernocken zum Abschluss auch nicht ab, den „Selberbrennten“ danach schon gar nicht. So gerüstet sind wir bereit für einen weiteren Höhepunkt in der an Überraschungen nicht armen Region.

Auch Thomas Sattlegger hat schon früh eine Nische für seinen Alpenhof gefunden. Man hat sich auf der Emberger Alm nämlich erspart, mittels fremdfinanzierter Investitionen ein modernes Skigebiet zu installieren, und sich stattdessen auf die unberührte Natur und geradezu nostalgische Gastlichkeit konzentriert. Und die nicht vorhandene Lichtverschmutzung. „In meiner Jugend ist mir ein Astronomieheft in die Hände gefallen, das Thema hat mich gleich fasziniert. Zuerst hab ich mit dem Fernstecher in den Himmel gestarrt, mir dann mein erstes Teleskop geleistet. Und weil die Sichtverhältnisse hier oben, weitab leuchtender Städte, wirklich toll sind, hab ich schließlich ein Inserat in dem Magazin geschaltet und die Emberger Alm als idealen Urlaubsort für Astronomen angepriesen.“ War offensichtlich ein himmlischer Geistesblitz, das Internationale Teleskopentreffen nämlich findet bereits zum 24.

Mal auf der Emberger Alm statt. Weil aber die Idee allein nicht reicht, hat Thomas Sattlegger bald den idealen Ort geschaffen, der ein fixes, massives Betonfundament hat. „Is nit weit, da schau ma schnell rauf“, schlägt er zum Digestif vor. Warum uns seine Sternwarte auf der Almwanderung nicht aufgefallen ist, wird rasch klar. Auch wenn sie als Stahlrahmenkonstruktion ausgeführt ist, fügt sie sich ins Heuschoberensemble ein. „Außen ist sie mit Lärchenbrettern verkleidet, das Schindeldach lässt sich ganz aufkurbeln, drinnen findet der seriöse Astronom alles vor, was er für eine Nacht unter dem Sternenhimmel braucht.“ Und weil das Angebot offensichtlich sehr gut ankommt, steht gleich daneben schon der zweite astronomische Heuschober, astronomisch Interessierten steht Sattlegger mit Rat und Tat zur Seite, zweimal wöchentlich gibt's Führungen, ein Grund, auf der Emberger Alm zu übernachten. Nur eines ist zu beachten: Bei klarem Nachthimmel sind die Fensterläden der Gästezimmer zu schließen oder das Licht zu löschen.

Mit Kanadiern zur Sandbank

Der Drau unten im Tal macht das Licht gar nichts, im Gegenteil, funkelnd durch Felder und Auwälder fließend lockt sie mit stetiger Strömung. Beim Bahnhof Oberdrauburg wartet schon Steffen Steiner neben zwei Kanadiern darauf, uns in Schwimmwesten gewandet in die Geheimnisse des Flusswanderns einzuführen. Derer gibt's nicht allzu viele, der Hintermann steuert, vorn wird angetrieben, die Hauptarbeit erledigt der Fluss, für sechs Kilometer in der Stunde Durchschnittsgeschwindigkeit sorgt allein die Drau. Da kann man genüsslich die Landschaft betrachten, das auf einem Felsen thronende Schloss Stein bestaunen und die Hänge des Jauken studieren. Ein kontemplatives Erlebnis, aus dem einen erst das Kommando zum Landen reißt, auch das geht locker auf einem der Sandstrände vonstatten.

Gleich dahinter wartet der Campingplatz am Waldbad, nur einer von vielen an den Ufern der Drau, man könnte also auch locker mehrere Tage am Fluss verbringen. Wir aber stärken uns nur am erstaunlich lukullischen Buffet und stechen wieder in See beziehungsweise, treiben wir zu einem solchen. In Kleblach wartet an einem Baggersee nämlich wieder ein Campingplatz – mit einer kaum bekannten Sportart: Fu-Go! Fussballgolf scheint zu boomen, jedenfalls in Nordeuropa, wieder so eine Nische, welche die Drautaler für ihren sanften Tourismus zu nutzen gedenken. An die vielen Radfahrer hat man ebenso gedacht, zumal jene, die sich elektrisch unterstützen lassen, Ladestationen gibt's hier reichlich. Und hat man seinen Drahtesel vom im Pustertal beheimateten Verleiher Papin gemietet, findet man hier auch eine der unzähligen Servicestationen.

Und weil es eben anstrengender ist, die Drau rauf- als runterzupaddeln, steigen auch wir auf das Rad, retournieren werden wir es dann in der Radlerstation Sandhof, gleich neben dem Golfplatz daheim in Berg. Vorher machen wir aber noch einen Abstecher zum idyllischen Weissensee und, für Genießer sicher noch verlockender, zur Buschenschenke Hupfa. Den Hupfabrenner Hof bewirtschaftet, seit er aus dem Mur- ins Drautal geheiratet hat, Jakob Grasser mit seiner Familie. Dass der Weinbau schon vor 1000 Jahren urkundlich erwähnt wurde, aber bei seiner Ankunft nicht mehr existent war, hat den vinophilen Steirer nicht ruhen lassen, die Lage des Hofs am Südhang war jedenfalls bestens geeignet für den Wiederanbau. „Wir haben lang mit verschiedenen, vornehmlich frühreifen Sorten herumprobiert, haben momentan eine weiße Cuveé aus Primus, Solaris und Bianca, die ganz gut harmonieren. Aber ich bin ja eigentlich nur mehr Berater, Bauer und Jäger, den Wein macht jetzt die Nadja.“ Und die Tochter hat das auch gelernt, den Weingarten schon vergrößert, „mehr geht leider nicht mehr, die Tiere brauchen schließlich auch was zu fressen“. Einerseits schade, der rote Regent ist rasch ausgetrunken, dabei könnte ihm längere Lagerzeit noch guttun. Andrerseits kommt dafür allerlei Köstliches aus eigener Produktion auf den Tisch, klassische Kärntner Würstel, sündhaftes Bratlfett, herrliche Aufstriche. Und dann steht da noch eine Edelkastanie neben der Buschenschenke, das heißt, auch die Maroni für den Weinherbst sind gesichert.

OBERES DRAUTAL

Glocknerhof: Hotel, gute Küche, Modellflugwoche inkl. Vollpension und Flughafenbenützung, glocknerhof.at

Draupaddelweg: draupaddelweg.com

Radlerstation Sandhof:Farhrrad- verleih und Unterkunft, radlerstation.at

Drausport: Geführte Bergwanderun- gen, Skikurse, drausport.at

Emberger Alm: Sternwarte und Berggasthof, alpsat.at

Buschenschenke Hupfa: eigener Wein, buschenschenke-hupfa. at

Compliance: Die Reise erfolgte auf Einladung der Kärnten Werbung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2019)

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