Thomas Cook: Das Ende des Pauschalreise-Begründers

Thomas Cooks World Ticket Office in Jerusalem
Thomas Cooks World Ticket Office in JerusalemGetty Images
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Nach mehr als 178 Jahren erfolgreicher Unternehmensgeschichte, meldete Thomas Cook überraschend Insolvenz an. Der Einstieg eines chinesischen Investors konnte ihn nicht retten.

Der britische Tourismuskonzern Thomas Cook gilt als Begründer der Pauschalreise. Am 5. Juli 1841 brachte der Baptistenprediger Cook 570 Personen mit einem Sonderzug von Leicester nach Loughborough zu einer Veranstaltung gegen Alkoholmissbrauch. Auch wenn er schon lange nicht mehr Weltmarktführer ist, betreute Thomas Cook bis zuletzt mit 22.000 Mitarbeitern jährlich 19 Millionen Reisende.

Firmenchef Peter Fankhauser sprach bei der Bekanntgabe der Insolvenz in der Nacht auf Montag von einem "zutiefst traurigen Tag für das Unternehmen, das Pauschalreisen erfunden und Millionen Menschen weltweit das Reisen ermöglicht hat".

Tatsächlich liest sich die Firmengeschichte wie eine Aneinanderreihung von Pioniertaten. So organisierte Cook im Jahr 1855 die erste Europa-Rundreise für britische Touristen, im Jahr 1869 folgte die erste Nilkreuzfahrt mit einem Dampfer. Im Jahr 1872 führte der Firmengründer persönlich die erste Weltreise über 40.000 Kilometer, die 222 Tage dauerte und 300 Pfund kostete (in heutigem Wert rund 35.000 Euro).

Thomas Cook erfand auch Hotelvoucher und Reisekreditschecks, die Reisen ohne mühsamen Währungsumtausch ermöglichen sollten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts Weltmarktführer, vertrieb das Unternehmen im Jahr 1919 auch die ersten Flugtickets. Zu den prominentesten Reisenden von Thomas Cook zählten die Literaten Mark Twain und Rudyard Kipling sowie der britische Premierminister Winson Churchill.

Ab 1928 ging das Familienunternehmen durch mehrere Hände, war zunächst im Besitz der französischen Zuggesellschaft "Compagnie Internationale des Wagons-Lits et des Grands Express Europeens", ehe im Jahr 1948 die nationale britische Eisenbahn British Railways ans Ruder kam.

Ab den 1990ern bestimmten Deutsche wieder den Kurs

Gelangte das Unternehmen ab den 1970er Jahren in die Hände britischer Finanzunternehmen, bestimmten ab den 1990er Jahren deutsche Anteilseigner den Kurs bei Thomas Cook. Im Jahr 1992 stieg die Westdeutsche Landesbank (West LB) ein und übernahm es drei Jahre später ganz. Danach übernahm die Hannoveraner Preussag die Kontrolle. Im Jahr 2001 erfolgte die Fusion mit der C&N Touristik, bekannt nach der Marke Neckermann und der Fluglinie Condor. Im Zuge der Übernahme des britischen Reiseveranstalters MyTravel ging das Traditionsunternehmen im Jahr 2007 an die Londoner Börse.

In den vergangenen Jahren geriet Thomas Cook immer wieder in Schieflage. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Dadurch saß das Unternehmen auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzte unter hoher Zinslast.

Rettung durch Fosun gescheitert

Heuer stieg der chinesische "Club Med"-Eigner Fosun ein, um das Unternehmen mit frischem Geld vor dem Aus zu retten. Diese Operation misslang, weil zuletzt 200 Millionen Pfund fehlten. Zu Jahresbeginn hatte der Konzern angekündigt, seine Flugsparte einschließlich des deutschen Ferienfliegers Condor verkaufen zu wollen. Auch diese Ankündigung ließ sich nicht mehr realisieren.

In Österreich ist Thomas Cook der drittgrößte Anbieter von Pauschalreisen nach TUI und Rewe Austria Touristik, mit rund einer Viertelmillion Reisenden jährlich. Ende 2017 beteiligte sich der Konzern mit seiner Airline Condor auch im Verfahren um insolvente Fluglinie Niki, und kooperierte später mit dem erfolgreichen Bieter Laudamotion.

(APA)

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