Migranten-Verteilung: Vier EU-Staaten einigen sich auf Notfallsystem

"Get Your Ships Together" fordern Demonstranten auf Malta bei einem Treffen von vier Innenministern über das Thema Migrantenverteilung.
"Get Your Ships Together" fordern Demonstranten auf Malta bei einem Treffen von vier Innenministern über das Thema Migrantenverteilung.APA/AFP/MATTHEW MIRABELLI
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Vier EU-Innenminister haben auf Malta verhandelt, wie EU-Länder mit auf NGO-Schiffen ankommenden Migranten umgehen will. ÖVP-Chef Kurz warnt vor „offenen Häfen“ und einer Situation wie 2015.

Die Innenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich auf einen vorläufigen Verteilungsmechanismus von Flüchtlingen im zentralen Mittelmeer geeinigt. "Wir haben Regelungen gefunden für einen temporären Notfallmechanismus, (...) die Italien und Malta helfen", sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer am Montag nach einem Treffen mit seinen Kollegen auf Malta und erklärte sich "hoch zufrieden".

Seehofer hatte zuvor die Aufnahme von einem Viertel der geretteten Flüchtlinge aus Italien durch Deutschland in Aussicht gestellt. Frankreich könnte ein weiteres Viertel übernehmen. Außerdem haben Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal ihre Beteiligung zugesagt.

„Klare Fristen"

Für eine derartige Zusammenarbeit seien nun "klare Vorgaben für die Verfahren" und "klare Fristen" für die Verteilung der Flüchtlinge erarbeitet worden, sagte Seehofer. Über die genaue Höhe der Verteilungsquoten müsse noch diskutiert werden, weil sie von der Zahl der beteiligten EU-Länder abhänge. Die Frage soll bei einem EU-Innenministertreffen am 8. Oktober abschließend geklärt werden.

Jede Woche sorgte in den vergangenen Monaten ein anderes Schiff einer Hilfsorganisation im Mittelmeer für Schlagzeilen und Streit unter den EU-Ländern. Bis die neue EU-Kommission ihr Amt antritt, soll nun eine Übergangslösung gelten.

Conte: „Einwanderungspolitik bleibt rigoros"

Der italienische Premier Giuseppe Conte hat eine Abwendung Italiens von der rigorosen Einwanderungspolitik bestritten, die seine Regierung mit der Lega als Koalitionspartner bis August betrieben hatte. "Die Einwanderungspolitik bleibt nach wie vor sehr rigoros. Wir geben im Kampf gegen Menschenhandel und illegale Einwanderung um keinen Millimeter nach", sagte Conte.

Italien werde keinerlei Mechanismus akzeptieren, der neue Migrantenankünfte fördere. Conte sprach sich für ein Rotationsprinzip der Häfen bei der Landung von Migranten aus. "Bei unseren EU-Partnern gibt es eine stärkere Solidarität als in der Vergangenheit", sagte der parteilose Premier bei einer Pressekonferenz am Rande der UNO-Vollversammlung in New York.

Conte machte Druck für ein effizienteres Rückführungssystem. "Wer kein Recht auf Verbleib in Europa hat, soll so rasch wie möglich in sein Land zurückgeführt werden. Er darf nicht in Europa bleiben", betonte Conte. Das Rückführungssystem müsse ein vollkommen europäischer Mechanismus sein.

Conte erklärte sich zuversichtlich, dass das EU-Treffen zur Seenotrettung auf Malta zu konkreten Resultaten führen wird. "Es ist wichtig, dass Italien nicht allein gelassen wird", sagte Conte.

Beim Gipfel auf Malta wurde Italien von Luciana Lamorgese vertreten, die Anfang September dem rechtspopulistischen Lega-Chef Matteo Salvini im Innenministerium gefolgt war. Italien pochte darauf, dass die geretteten Migranten auch auf andere EU-Staaten verteilt werden.

Einem Verteilungsmechanismus wenig abgewinnen kann ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Er warnte gegenüber dem ORF-Radio vor einer Situation wie im Jahr 2015. Die Entwicklung auf EU-Ebene gehe derzeit in eine falsche Richtung. „In Italien und Spanien gibt es mittlerweile eine ganz andere Politik, eine Politik der offenen Grenzen“. Offene Häfen seien ein falsches Signal an die Schlepper und auch an die Menschen, die sich auf den Weg machen wollen. Ziel müsse es sein, dass es keine illegale Migration mehr gebe. Kurz zweifelt daran, dass eine Verteilung funktionieren würde. Menschen, die etwa nach Rumänien gebracht würden, würden weiter nach Österreich oder Deutschland ziehen.

Fünf Länder nehmen Migranten der „Ocean Viking“ auf

In einem aktuellen Fall hat die EU-Kommission angekündigt, die Koordinierung jener Migranten zu übernehmen, die von der "Ocean Viking" gerettet worden sind. Die Bitte um Umverteilung war am Wochenende in Brüssel eingetroffen. Fünf EU-Länder seien bereit, sich an der Umverteilung zu beteiligen, verlautete es in Brüssel nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Wegen des schlechten Wetters im zentralen Mittelmeerraum wird das Rettungsschiff "Ocean Viking" mit 182 Migranten an Bord wahrscheinlich erst am Dienstag im sizilianischen Hafen Messina eintreffen. Das italienische Innenministerium hatte der Crew am Sonntagabend die Genehmigung zur Landung auf Sizilien erteilt. Die 182 Menschen an Bord des Schiffs waren nach Angaben der Hilfsorganisationen am Mittwoch vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet worden.

(APA/AFP/Red.)

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