Deutsche Insolvenzverwalter erwarten mehr Pleiten in Reisebranche

Weltweit sind 600.000 Urlauber von der Thomas-Cook-Pleite betroffen
Weltweit sind 600.000 Urlauber von der Thomas-Cook-Pleite betroffenREUTERS
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Um Kunden gegen die Folgen von Pleiten wie jener des Tourismuskonzerns Thomas Cook zu schützen, fordern die Insolvenzverwalter einen besseren Schutz bei Individualreisen.

Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) rechnet nach der Pleite des Reisekonzerns Thomas Cook mit weiteren Geschäftsausgaben in der Branche. "Nach unseren Beobachtungen steht die Branche unter Druck, denn der Trend geht immer mehr zu Individualreisen", sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

"Bei Reisebüros haben wir schon eine starke Marktbereinigung gesehen. Jetzt trifft es zunehmend auch die Reiseveranstalter." Neben dem wachsenden Individualtourismus würden diese nun durch neue Klimaauflagen zusätzlich in Bedrängnis geraten. Die deutsche Regierung hat in ihrem Klimaschutzpaket unter anderem eine Flugticketsteuer beschlossen.

"Das alles sorgt dafür, dass die Versicherer bei den Reiseveranstaltern sensibler werden", sagte Niering, der selbst Fachanwalt für Insolvenzrecht ist. "Wer wackelt, bekommt keine Insolvenzversicherung mehr. Das ist eine Art Frühwarnsystem." Thomas Cook musste in der Nacht zum Montag Insolvenz anmelden. Zum Konzern gehören Pauschalreiseanbieter wie Neckermann und der Ferienflieger Condor, der auch Individualreisende transportiert.

Um die Kunden gegen die Folgen von Pleiten zu schützen, fordern die Insolvenzverwalter einen besseren Schutz bei Individualreisen. "Von den 20.000 Unternehmensinsolvenzen im vergangenen Jahr betrifft nur ein Bruchteil die Reisebranche", sagte Niering. "Kommt es dann zur Insolvenz, ist die Zahl der Betroffenen aber sehr groß, nur in der Energiebranche dürfte die Gläubigerzahl ähnlich groß sein."

Die Regierung habe es in den vergangenen Jahren versäumt, ein Versicherungssystem für Individualreisen parallel zur Absicherung von Pauschalreisen aufzubauen. Eine freiwillige Insolvenzversicherung etwa für Individualflüge könne für Reisende deutlich mehr Sicherheit bringen. "Der Preis hierfür wären mit wenigen Euro nicht hoch", sagte Niering. "Auch sollte bei Individualreisen nicht mehr erlaubt werden, mehr als 30 Tage vorher den vollen Reisepreis zu verlangen." In den vergangenen Jahren gingen die Fluggesellschaften Air Berlin, Niki und Germania pleite. Das meist monatelang im Voraus gezahlte Geld etwa für teure Langstreckenflüge blieb für die Reisenden verloren, beklagten Verbraucherschützer

(APA/Reuters)

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