Vorübergehende Verteilung fixiert

Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich am Montag darauf geeinigt, vorübergehend im Mittelmeer gerettete Menschen aufzunehmen.
Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich am Montag darauf geeinigt, vorübergehend im Mittelmeer gerettete Menschen aufzunehmen. APA/EPA/DARRIN ZAMMIT LUPI/MOAS.
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Vier EU-Länder einigten sich auf einen Notfallmechanismus für die Aufteilung von im Mittelmeer geretteten Menschen – doch der Widerstand bleibt.

Vittoriosa. Sie setzen trotz anhaltenden Widerstands auf eine Verteilung von Flüchtlingen: Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich am Montag darauf geeinigt, vorübergehend im Mittelmeer gerettete Menschen aufzunehmen. Mit ihrem im maltesischen Vittoriosa gefällten Beschluss wollen sie zum einen Vorbild für weitere EU-Staaten sein und zum anderen das bisherige Prozedere bei Landeerlaubnissen für Rettungsschiffe in Italien vereinfachen. Sie können erst landen, wenn sich ausreichend Aufnahmestaaten gemeldet haben. Aktuell betroffen ist die Ocean Viking mit 182 Migranten an Bord.

Das „zeitlich begrenzte Arrangement“ ist laut deutschen Regierungskreisen nur ein Zwischenschritt. Langfristig soll die Last auf „ganz vielen europäischen Schultern“ verteilt werden. Bereits Anfang Oktober werden die vier Länder bei einem Treffen der EU-Innenminister um weitere Teilnehmer werben.

Aber selbst die Einigung auf diesen vorübergehenden Mechanismus erwies sich als schwierig: Die Innenminister der vier EU-Länder berieten auch über eine Sicherheitsklausel, die ihnen garantiert, sich mit der Hilfsbereitschaft nicht zu übernehmen, sollte eine neue große Fluchtwelle anrollen.

Deutschlands Innenminister, Horst Seehofer, hatte sich bereit erklärt, ein Viertel der ankommenden Migranten zu übernehmen. Er drängte aber darauf, dass ein solcher „humanitärer Notfallmechanismus“ umgehend geändert werden müsse, wenn die Zahl der aus Seenot Geretteten wieder „erheblich“ steigt. Seehofer will zudem sicherstellen, dass die Aufteilung keinen neuen „Pullfaktor“ verursacht.

Salvini warnt vor offenen Häfen

Die Zahl der Ankommenden in Italien ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich gesunken. Waren es 2017 noch 119.369, so sank die Zahl 2018 auf nur noch 23.370. In diesem Jahr sind laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat bisher 6221 Migranten angekommen. Allerdings gibt es seit Anfang September wieder einen leichten Aufwärtstrend. Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini, der in seiner Amtszeit rigoros gegen Migranten vorging, macht die neue Linksregierung für diesen Zuwachs verantwortlich. „Schande, die Häfen sind wieder offen“, twitterte er kürzlich. Allerdings konnte bisher von offenen Häfen nicht gesprochen werden. Die neue Regierung in Rom agierte bisher ähnlich wie die vergangene. Sie ließ Rettungsschiffe nur dann an Land, wenn zuvor geklärt werden konnte, in welche EU-Staaten die Flüchtlinge weiterreisen dürfen.

Ein Nein zur Beteiligung an einer solchen vorübergehenden Aufteilung kam bereits vor dem Treffen auf Malta von der ungarischen Regierung. Auf den Vorwurf des italienischen Ministerpräsidenten, Giuseppe Conte, die Visegrád-Staaten würden Italien mit dem Flüchtlingsproblem alleinlassen, antwortete sein ungarischer Amtskollege, Viktor Orbán: „Wir können keine Migranten aufnehmen, egal, woher sie kommen.“ Helfen könne Ungarn aber bei der Kontrolle von Grenzen und beim Zurückschieben von abgewiesenen Asylwerbern. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2019)

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