Cook-Pleite beflügelt Konkurrenz

Der Reiseanbieter TUI und die Flugbranche profitieren von der Thomas-Cook-Pleite.
Der Reiseanbieter TUI und die Flugbranche profitieren von der Thomas-Cook-Pleite.REUTERS
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Die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook beschert dem Mitbewerb Höhenflüge. Die Aktie des direkten Konkurrenten TUI ist deutlich gestiegen, auch Fluglinien profitieren.

Wien. Des einen Leid ist des anderen Freud. Während weltweit rund 600.000 Menschen um ihre Rückkehr aus dem Urlaub fürchten müssen und 21.000 Mitarbeiter vor einer ungewissen Zukunft stehen, war die Schadenfreude der Konkurrenten des pleitegegangenen Reisekonzerns Thomas Cook an den Börsen schwer zu verbergen.

So legte die Aktie des deutschen Reiseanbieters TUI zeitweise um mehr als zehn Prozent zu und notierte auf dem höchsten Stand seit Februar. Im Verlauf des Tages pendelten sich die Zuwächse zwischen sechs und sieben Prozent ein. TUI ist der direkte Konkurrent des britischen Reiseunternehmens, das in der Nacht von Sonntag auf Montag nach einem gescheiterten Rettungsversuch Insolvenz anmelden musste.

Marktbereinigung ist gestartet

Thomas Cook hatte in Großbritannien bisher einen Marktanteil von etwa acht Prozent, TUI lag bei etwa 19 Prozent und ist dort der einzige Anbieter mit einem signifikanten Filialnetz. Auf dem deutschen Reisemarkt hatte Thomas Cook, zu dem auch der Pauschalreiseanbieter Neckermann gehört, einen Anteil von zehn Prozent. TUI kam dort auf 17 Prozent. In Österreich waren die Briten der drittgrößte Anbieter von Pauschalreisen mit rund einer Viertelmillion Reisenden pro Jahr. Auf Platz zwei liegt Rewe Austria Touristik, Marktführer ist TUI. In Europa ist TUI nun der einzige voll integrierte Reiseveranstalter, so die US-Bank Citigroup.

Also gehörte TUI in einem schwachen Börsenumfeld zu den Gewinnern des Tages – und das obwohl der deutsche Reiseveranstalter sogar zu einem kleinen Teil von der Cook-Pleite betroffen war: Einige der TUI-Buchungen wurden über die deutsche Cook-Tochterfluglinie Condor abgewickelt. Dennoch überwog letztlich die Freude und Hoffnung der Anleger, die Pleite würde Kapazitäten aus dem umkämpften Reise- und Freizeitmarkt herausnehmen und damit mehr Spielräume für den Mitbewerb schaffen – oder zumindest eine erfolgreiche Konsolidierung des Marktes ermöglichen.

Denn die Aussichten in der Branche sind alles andere als hoffnungsvoll. Der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) rechnet nach dem Zahlungsausfall von Thomas Cook mit weiteren Insolvenzen. „Nach unseren Beobachtungen steht die Branche unter Druck, denn der Trend geht immer mehr zu Individualreisen“, sagte der VID-Vorsitzende Christoph Niering. „Bei Reisebüros haben wir schon eine starke Marktbereinigung gesehen. Jetzt trifft es zunehmend auch die Reiseveranstalter.“

Fluglinien profitieren

Doch das Ende von Thomas Cook macht nicht nur der direkten Konkurrenz Freude. Auch die Aktien von Fluglinien haben Schwung bekommen. Die US-Investmentbank JP Morgan sieht eine Sektor-Rallye. So legten u.a. die Papiere der Lufthansa, IAG, Air France und Ryanair zu. Auch die in London gelistete EasyJet gehört zu den Profiteuren: Bei den Flügen von Thomas Cook gibt es laut Citigroup eine Überschneidung von etwa 35 Prozent. Bei IAG sind es 15 Prozent, bei Ryanair rund 20 Prozent.

Die Airlines würden von steigenden Volumina, höheren Preisen und vom Verkauf der Start- und Landerechte der deutschen Cook-Tochter Condor profitieren, so JP Morgan – schränkt aber ein: Die Flugbranche hat nach wie vor zahlreiche andere Baustellen.

Zudem ist noch offen, ob Condor ihrem britischen Mutterkonzern in den Abgrund folgt: Die in Frankfurt ansässige Fluglinie will den Betrieb aufrechterhalten und hat bei der Bundesregierung einen Überbrückungskredit beantragt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2019)

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