Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen VW-Spitze

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Der Dieselskandal hält VW in Schach: Konzernchef Herbert Diess, Aufsichtsratspräsident Hans Dieter Pötsch und Ex-CEO Martin Winterkorn werden von der Staatsanwaltschaft Braunschweig Marktmanipulation vorgeworfen.

Der Dieselskandal holt Volkswagen mit voller Wucht ein: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig klagt die Unternehmensspitze wegen Marktmanipulation an. Sowohl der heutige Konzernchef Herbert Diess als auch der frühere Finanzvorstand und jetzige Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sowie der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn hätten die Pflicht zur Information des Kapitalmarktes verletzt, teilte die Behörde am Dienstag mit.

Die Manager hätten die Börse vorsätzlich zu spät über die aus der Aufdeckung der Abgasmanipulationen resultierenden erheblichen Zahlungsverpflichtungen des Konzerns in Milliardenhöhe informiert und damit rechtswidrig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehmens genommen.

Aufsichtsrat hält an Diess und Pötsch fest

Das Präsidium des Aufsichtsrats teilte am Dienstag mit, Volkswagen habe im Vorfeld der Entscheidung eng mit der Staatsanwaltschaft kooperiert.

Auch der Aufsichtsrat habe sich intensiv mit den Ermittlungen befasst. Dennoch könne das Präsidium aufgrund der umfangreichen eigenen Untersuchungen aus heutiger Sicht weiterhin keine vorsätzlich unterlassene Information des Kapitalmarktes erkennen. Aus diesem Grund solle die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Vorstandsvorsitzenden fortgesetzt werden.

Volkswagen-Vorständin Hiltrud Werner hält die Vorwürfe der Marktmanipulation für unbegründet. Das Unternehmen habe den Sachverhalt akribisch mit internen und externen Experten untersucht, sagte die für das Ressort Recht und Integrität verantwortliche Werner am Dienstag. "Das Ergebnis ist eindeutig: Die Vorwürfe sind unbegründet."

Anwalt von Winterkorn überrascht

Der Rechtsanwalt von Diess teilte mit, der Vorstandschef werde sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Vorwürfe verteidigen. Weder Fakten noch die Rechtslage rechtfertigten die Anklage. Auch der Anwalt von Pötsch wies die Anklage als unbegründet zurück. Ein Sprecher des Aufsichtsrats teilte mit, das Präsidium des Kontrollgremiums werde noch am Dienstag über das weitere Vorgehen beraten. Insidern zufolge wollten sowohl Pötsch als auch Diess im Falle einer Anklage im Amt bleiben. Pötsch gilt als wichtige Klammer im Aufsichtsrat, der den Kontakt zu den Familien Porsche und Piech hält. Diess hat den Konzern nach dem Dieseldesaster umgebaut und will Volkswagen zu einem führenden Anbieter von Elektroautos machen.

Der Anwalt von Winterkorn teilte mit, er sei überrascht über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Die Anklage sei in tatsächlicher sowie in rechtlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Winterkorn habe nicht vorzeitig vom Einsatz einer verbotenen Motorsteuerung erfahren. Der damalige Konzernchef war im September 2015 zurückgetreten, nachdem der Dieselskandal bekanntgeworden war.

Nach Überzeugung der Ermittler erfuhren alle drei Angeklagten schon früh von den Abgasmanipulationen. Winterkorn habe spätestens im Mai 2015 davon Kenntnis gehabt. Pötsch sei seit dem 29. Juni 2015 und Diess seit dem 27. Juli des gleichen Jahres informiert gewesen. Jeder für sich hätte ab dem jeweiligen Zeitpunkt die erforderliche Ad-hoc-Mitteilung veranlassen müssen, was nicht geschehen sei. Volkswagen hatte im September vor vier Jahren erst auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, millionenfach Diesel-Abgaswerte durch eine Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Die Wiedergutmachung des Skandals hat Volkswagen bisher 30 Milliarden Euro gekostet - vor allem Schadensersatzzahlungen und Strafen in den USA.

(APA/Reuters)

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