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Die Politiker sind so alt, wie ihre Wähler sich fühlen

Die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders (78), Joe Biden (76) und Elizabeth Warren (70).
Die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders (78), Joe Biden (76) und Elizabeth Warren (70).(c) Reuters
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Amerika streitet notgedrungen über ein Maximalalter für Präsidenten, Europa setzt auf die Jungen. Aber wie wirkt sich das auf die Politik aus?

Ausgerechnet der Älteste macht den Alten Ärger. Jimmy Carter, Erdnussfarmer, Expräsident und mit 94 nun wirklich schon ein ehrwürdiger Greis, stellt die nötige Rüstigkeit der Herausforderer für den 73-jährigen Trump in Frage. Denn auch die Spitzenreiter unter den demokratischen Präsidentschaftskandidaten haben einiges auf dem Buckel: Elizabeth Warren ist 70, Joe Biden 76 und Bernie Sanders 78. Parteikollege Carter plädiert für ein oberes Alterslimit – und hat damit hitzige Diskussionen losgetreten: Wäre es dafür höchste Zeit? Oder die Forderung übel diskriminierend? Sollte nicht besser das untere Limit fürs Präsidentenamt weg? Es liegt nämlich in den USA mit 35 Jahren ungewöhnlich hoch. Die Gründerväter hielten Junge für inkompetent und schrieben die Hürde in die Verfassung. Das heißt: Sie ist de facto in Stein gemeißelt.

Die Neue Welt sieht damit neben Europa ziemlich alt aus. Hier lächeln uns faltenlos die Jungspunde an: Macron mit 41, die Dänin Frederiksen (gleichauf), der Ire Varadkar (40) und natürlich das Küken Kurz (33). Aber es ist zu unreif gedacht, von ihnen automatisch Aufbruch, Erneuerung und eine Agenda für die nächste Generation zu erwarten. Unser Kurz-mal-nicht-Kanzler macht mit den Pensionserhöhungen einen altmodischen Diener vor den Senioren. Umgekehrt ist Sanders in den USA der Kandidat der Jugend. Nein, die Themen sind keine Funktion einer Zahl im Reisepass. Aber es könnte um alterstypische Charakterzüge gehen.
Um solche (Un)Tugenden kreiste die gesamte antike Ethik. Was folgte daraus für die politische Praxis? In Athen frönten sie einem Jugendkult. Sechzigjährige mussten mit ihren Ämtern auch das Sagen in der Familie abgeben. Das sollte die Gesellschaft dynamisch halten. Im republikanischen Rom aber lenkten die Senatoren die Geschicke bis zum letzten Schnaufer. Der Blick zurück hilft uns also auch nicht weiter. Wir müssen uns auf unsere Erfahrung verlassen.

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