Analyse

Der Wahlkampf der Gewerkschaft

Rainer Wimmer, Chef der Sozialdemokratischen Gewerkschafter.
Rainer Wimmer, Chef der Sozialdemokratischen Gewerkschafter.(c) APA/HANS PUNZ
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Wie die sozialdemokratischen Gewerkschafter die SPÖ unterstützen: Formal hat man die Verbindung zur Partei gekappt, über einen Verein wurde sie wieder hergestellt.

Wien. SPÖ und Gewerkschaft waren immer schon eng verwoben – auch in diesem Wahlkampf. Rainer Wimmer, Chef der Sozialdemokratischen Gewerkschafter, kandidiert auf Platz zwei der Bundesliste, etliche andere hochrangige Gewerkschaftsfunktionäre dürften ebenfalls in den Nationalrat einziehen. Und die Finanzierung des Wahlkampfes? Da spielt ebenfalls die Gewerkschaft eine wesentliche Rolle.

Natürlich nicht der ÖGB, denn der ist ja formal eine überparteiliche Organisation, auch wenn die Sozialdemokraten dort den Ton angeben. Es ist die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), die eigentlich prädestiniert wäre, für die SPÖ in den Wahlkampf zu ziehen.

Die finanziellen Mittel dafür sind vorhanden, werden doch die einzelnen Fraktionen recht üppig dotiert: Angeblich schüttet der ÖGB drei Prozent seiner Mitgliedsbeiträge an die Fraktionen aus, die Arbeiterkammer zwei Prozent. Den Großteil davon erhält die FSG. Seltsamerweise macht sie den Wahlkampf aber nicht selbst, sondern über einen Verein, der mit der FSG eng verwoben ist.

Und das kam so: Im Jahr 2012 trat ein Transparenzgesetz in Kraft, das neue Regeln für die Parteienfinanzierung vorgab. Einnahmen und Ausgaben müssen seither ebenso im Rechenschaftsbericht der Partei aufscheinen wie das Spendenaufkommen. Und es gilt eine Obergrenze für die Wahlkämpfe − nicht nur für die Partei selbst, sondern auch für Vorfeldorganisationen. Und was ist eine Vorfeldorganisation? Das sind jene Vereine, die laut Statut einen Vertreter in den Vorstand der Partei entsenden können, oder umgekehrt.

Verbindungen formal gekappt

Somit muss beispielsweise die ÖVP die Geschäftsgebahrung von Seniorenbund oder Wirtschaftsbund in ihren Rechenschaftsberichten aufnehmen. Die SPÖ reagierte auf das Transparenzgesetz, indem sie formal ihre Verbindungen zu ihren beiden wichtigsten Vorfeldorganisationen, der FSG und dem Pensionistenverband, kappte. Die Begründung: Diese hätten mehr Mitglieder als die SPÖ selbst und würden Spenden für eigene Zwecke sammeln. Und die wollte man nicht in den Rechenschaftsberichten stehen haben.

In der Praxis wurden die Verbindungen aber keineswegs gekappt, sondern mit einer eleganten Umgehungskonstruktion aufrechterhalten: Beide Organisationen gründeten Vereine, die nun als Vorfeldorganisation der SPÖ dienen. Im Fall der FSG sind es die „GewerkschafterInnen in der SPÖ“. Deren Mitglieder wiederum sind die FSG-Organisationen der Teilgewerkschaften.

Großveranstaltung im Gasometer

Rund 300.000 Euro investieren die „GewerkschafterInnen in der SPÖ“ in diesen Wahlkampf. Damit wurde eine Großveranstaltung im Wiener Gasometer ebenso finanziert wie Werbematerial. Dass damit die Wahlkampfkostenobergrenze umgangen würde, weisen die Gewerkschafter zurück: Dieser Beitrag werde in die Obergrenze einberechnet. Das dürfte nicht immer so gewesen sein: Bei der letzten Nationalratswahl trat Spitzenkandidat Christian Kern bei Betriebsrätekonferenzen auf. Damals wurde argumentiert, dass dies nicht Wahlkampf sei, sondern normale gewerkschaftliche Aktivität. Kern habe eben als Bundeskanzler vor Betriebsräten gesprochen. Ähnliche Grenzfälle zwischen Gewerkschaftsarbeit und Wahlkampf sind aber auch diesmal nicht auszuschließen.

Die Vereinskonstruktion erweist sich übrigens angesichts der seit Juli geltenden neuen Gesetzeslage als hilfreich. Denn mit der Begrenzung der Spenden auf 7500 Euro pro Spender und Jahr dürfte die FSG gar nicht mehr Wahlkampf in größerem Ausmaß für die SPÖ machen. Das würde nämlich als Sachspende eingestuft werden, die Zuwendung müsste an den Rechnungshof weitergeleitet werden. Den Verein darf die FSG dagegen sehr wohl finanzieren, denn das gilt nicht als Spende, sondern als Mitgliedsbeitrag. Und der ist in unbegrenzter Höhe möglich, ab 7500 muss aber jedes Mitglied namentlich dem Rechnungshof gemeldet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2019)

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