Pharmaindustrie

"Wir müssen den Export von Medikamenten einschränken"

An art handler places drugs for an art installation of British artist Hirst in the new Brandhorst modern art museum in Munich
An art handler places drugs for an art installation of British artist Hirst in the new Brandhorst modern art museum in Munich(c) REUTERS (Alexandra Beier)
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Über 50 Medikamente sind derzeit in Österreich nicht lieferbar. Schuld daran seien Apotheken und Zwischenhändler, sagt Philipp von Lattorff, der Österreich-Chef des Pharmakonzerns Boehringer-Ingelheim in seinem ersten Interview als Präsident des Branchenverbandes Pharmig.

Es herrscht Medikamentenmangel in Österreich. Besonders hart traf es diesen Sommer viele Patienten, die eine Transplantation hinter sich hatten. Wochenlang war das für sie lebenswichtige Medikament „Imurek“ nicht in heimischen Apotheken erhältlich. Das ist kein Einzelfall: Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, kurz BASG, listet über 50 Arzneimittel auf, die aktuell nicht im Land verfügbar sind. Auch andere EU-Staaten wie etwa Frankreich kennen das Phänomen, weshalb Emmanuel Macron erst kürzlich eine gesetzliche Lösung auf EU-Ebene angekündigt hat.

Bei der Suche nach den Schuldigen, gehen die Meinungen schnell auseinander. „Die Industrie hat die vereinbarten Mengen und mehr geliefert“ sagt Phillipp von Lattorff, Österreich-Chef von Boehringer-Ingelheim und frisch gewählter Präsident des Pharmaverbandes Pharmig im Interview mit der „Presse“. Österreich könne nicht auf die EU warten, sondern müsse eingreifen und rasch eigene Lösungen auf den Tisch legen.

Die Pharmaindustrie hat ein Imageproblem: Neben hoher Preise, wirft man ihr derzeit die Knappheit an Medikamenten vor. Hat die Branche hier versagt?

Philipp von Lattorff:
Das Problem der Lieferengpässe hat zwei Seiten. Ein Teil ist hausgemacht in der Pharmabranche. Da geht es stark um Generika und die Preisgestaltung der Branche. Wenn man Cola oder Mineralwasser verkauft, kann man jedes Jahr mehr dafür verlangen, wenn die Nachfrage stimmt. Hat man in der Pharmabranche einen Preis verhandelt, geht es danach nur noch bergab. Gerade, wenn Generika auf den Markt kommen, fallen die Preise schlagartig. Um die Chance zu haben, Medikamente trotzdem am Markt zu lassen, gehen viele nach Indien oder China, wo die Produktionskosten niedriger sind.

Sonst verschwänden die Medikamente ganz aus den Regalen?

Die regulatorischen Ansprüche werden höher und die Preise immer niedriger. Als börsenotiertes Unternehmen können Sie ja gar nicht weiterproduzieren, wenn Sie wissentlich Verluste machen. Bei Boehringer-Ingelheim ist das ein wenig anders, da wir ein privates Unternehmen sind. Aber um Lieferengpässe zu reduzieren, wäre es gut, alten Medikamenten eine Chance zu geben, ihren Preis halbwegs zu halten. Der Großteil des Lieferengpasses hat aber einen anderen Grund.

Welcher wäre das?

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