Mazda vs. Bentley: Die Farbe des Geldes

(c) Kurt Pinter
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Der Fahrtwind ist gratis, beim Rest gibt’s gewichtige Unterschiede.

Bei rund 300 Riesen denken die meisten von uns an das Lebensprojekt eines Wohnungs- oder Hauserwerbs, aber manchen ist’s gegeben, ein solches Sümmchen als Einsatz für einen flotten Untersatz ins Spiel zu werfen. Hat ja niemand gesagt, dass die Welt gerecht wäre.
Nun steht ein solcher Haushalt vor der reizvollen Frage: Wohin mit den Mäusen? In der Liga turnen inzwischen ja viele, die um eine solche Stange Geld anhalten, McLaren, Ferrari, Lambo, auch Porsche und AMG-Mercedes. Wem das alles zu sportlich, zu nervös, zu aufbrausend und hart gefedert ist, wird beim Traditionshersteller Bentley aus dem Örtchen Crewe im englischen Cheshire fündig. Dort pflegt man die klassische Linie, quasi Tweed (wie das neue Stoffverdeck); seit 2003 ist der Continental GT auf der Welt, das erste Modell unter VW-Regie: ein schneller Reisewagen für zwei (mit Notsitzen) samt Convertible-Option, also offen.

Der Conti ist nun in dritter Generation auf die Straße gerollt, und er fährt das volle Programm auf – Opulenz in allen Dingen. Das beginnt im restlos ausverkauften Motorraum, in dem sich „the mighty W12“, wie sie ihn nennen, breit macht: ein Zwölfzylinder mit sechs Liter Hubraum und sicherheitshalber zwei Turboladern. Damit könnte man wohl auch die Zugmaschine eines Sattelschleppers bestücken – 900 Newtonmeter Drehmoment! –, was natürlich völlig unpassend wäre. Im Bentley ist der Mensch am Steuer das gewichtigste Ladegut, und da kann es von allem gar nicht zu viel sein. Wir wissen zum Beispiel, dass es Leder von unterschiedlicher Qualität gibt, aber das im Conti sei das beste, das man nur bekommen könne, hören wir: Es stammt von Kühen, die in einer Höhe grasen, in der ihnen keine blutsaugenden Insekten auf den Leib rücken. Makellose Oberfläche also, und Bentleys Sattler haben keinen Flecken im Interieur, der sich irgendwie sinnvoll beziehen lässt, ausgelassen. Ähnlich verhält es sich mit dem Metall: Keine Deko-Blenden zur Zierde, sondern immer massiv ausgeführt. Allein der Gurtbringer: ein aus dem Ganzen gefrästes Alu-Werkstück, das dienstfertig zur Hand geht, sobald der Sitz einen Hintern registriert.


Man ahnt schon, dass hier kein Leichtgewicht ins Rennen geht. Es kommt ja praktisch alles zusammen, was das Gewicht treibt: Neben stattlichen Abmessungen (knapp 4,9 Meter lang, fast zwei Meter breit) ein Batzenmotor, Allradantrieb, Doppelkupplungsgetriebe, verschwenderische Einrichtung und ein elek­trisches Verdeck, das sich bis 50 km/h betätigen lässt. Die Stunde der Wahrheit, sie wird auf der Fahrzeugwaage schlagen.

Zuvor aber ein Hüpfer in die Gegenwelt, in der Maßhalten das oberste Gebot ist: Du sollst kein dicker Wutzel sein. Das kann man dem Mazda MX-5 wahrlich nicht nachsagen. Die aktuelle vierte Generation wurde sogar nochmals knapper geschnitten als die vorangegangene, die offenbar schon den Pfad der leichtgewichtigen Tugend zu verlassen drohte. Der unter Kultverdacht stehende Roadster feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag, und wie könnte man das besser begehen als mit einem Sondermodell? Alle zehn Jahre gibt es eins, das dritte nun in Racing-Orange only und in einer Auflage von 3000 Exemplaren für die ganze Welt. Es hat die beste Ausstattung an Bord und, als sozusagen Geburtstagskerzen, geschmiedete Alufelgen, Recaro-Sportsitze, in Außenfarbe lackierte Brembo-Bremssättel, Alcantara-Tapezierung und ein Signet, das den MX-5 als „30 Years Anniversary“-Modell samt Seriennummer ausweist.

»"Im MX-5 ist Masshalten das oberste Gebot: Du sollst kein dicker Wutzel sein"«

Das alles ändert nichts am puristischen Charakter des Autos. Es ist wohl ausgleichende Gerechtigkeit, dass man sich im MX-5 keine Sekunde zu kurz gekommen fühlt, nicht einmal, wenn man direkt umsteigt vom Bentley in den nur knapp vier Meter langen Zweisitzer. Im Gegenteil: Von jenen Dingen, die unserer sportlichen Gesinnung entgegenkommen, lebt man hier in Saus und Braus: Thrills schon aus der Parklücke weg! Die Schaltwege des knackigen Sechsganggetriebes sind die kürzesten, die man heute in einem Auto finden wird, das Ansprechverhalten des frei atmenden ZweiLiter-Motors (heißt: ohne Turbo) ist beglückend, und was spontanes Einlenken bedeutet, davon kann man erst reden, wenn man den Kleinen durchs Winkelwerk, und seien es Häuserecken in der Stadt, getrieben hat. Dabei ist der MX-5 kein ruppiger Geselle, der einen auf langen Strecken malträtieren würde. Speziell in der Klappdachvariante RF ist er ein feiner Allrounder, der als einziges Auto genügen könnte, jedenfalls dem fidelen Sportsfreund ohne viel Ballast.

Der Bentley ist freilich nicht nur als Auto, sondern auch als Statement finanzieller Möglichkeiten zu lesen. Er trägt einerseits schwer an seiner Last, an all dem Pomp, der angehäuft ist, andererseits ist er mit Kräften ausgestattet, die ihn bei Bedarf in ein Katapult verwandeln. Wozu der Motor imstande ist, davon überzeugt man sich am besten bei einem Sprint auf einsamer Landstraße, sagen wir: null auf 120. Im Launch-Mode – alle Systeme vorgespannt, der W12 scharrt bei 3500 Touren mit den Hufen – braucht man nur die Bremse zu lösen, und es glättet dir Stirn und Mundwinkel, wie es führende Schönheitschirurgen nicht könnten. Dieses Seele des Autos nennt Bentley das Biest.
Weniger wird die Sportlichkeit im normalen Fahrbetrieb vermittelt – kurz aufs Gas tippen und abzischen, das spielt es leider nicht: Die Reaktionszeit ist meist länger, als man eine Lücke für den schnellen Zwischenspurt ausgemacht hat. Das sind Nebenwirkungen heutiger Überkomplexität im Fahrzeugbau, mit Turboladern, komplizierten Getrieben, Abgasreinigung (Partikelfilter!), Regelsystemen und Rechner, der alles erst unter einen Hut bringen muss.

»"Luxus nach alter Schule: Im Bentley ist alles im Übermass vorhanden."«

Und ja, die Pfunde: 2500 kg zeigte die Fahrzeugwaage, da geht sich der 1180 kg schwere MX-5 locker zweimal aus. Der hat nichts von all den Dingen, die schwer und behäbig machen, und das scheint uns, gerade in diesen Tagen, der allergrößte Luxus.

(c) Kurt Pinter

Der Lord fährt fort;

Monetär in eisigen Höhen unterwegs ist der neue Conti-Jahrgang, gediegen und schwergewichtig wie eh und je. Brachialer Biturbo-Zwölfzylinder.

Name : Bentley Continental GT Convert.
Preis : 298.000 Euro
Motor : W12-Zylinder-Turbo, 5950 ccm
Leistung : 635 PS bei 5000–6000 U/min
Gewicht : 2500 kg (EU; inkl. Fahrer)
0–100 km/h : 3,8 Sekunden
Vmax : 333 km/h
Verbrauch : 14,6 l/100 km im Test
CO2 : 335 g/km laut Norm

Happy Birthday, MX-5!

Nur die 3000-Stück-Edition „30 Years Anniversary“ kommt in Racing-Orange u. a. mit Schmiedefelgen; sonst: ganz der leichtfüßige Spaßmacher.

Name : Mazda MX-5 RF Anniversary
Preis : 40.490 Euro
Motor : R4-Zylinder, 1998 ccm
Leistung : 184 PS bei 7000 U/min
Gewicht : 1180 kg (EU; inkl. Fahrer)
0–100 km/h : 6,8 Sekunden
Vmax : 220 km/h
Verbrauch : 7,3 l/100 km im Test
CO2 : 156 g/km laut Norm

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