Die Ich-Pleite

Ein kleiner Siegfried

(c) Carolina Frank
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Tragen Radfahrer einen Helm, setzen sie auf wundersame Weise die Gesetze der Physik außer Kraft.

Der Mensch sehnt sich nach Unverwundbarkeit. Dass diese Sehnsucht unerfüllbar ist, hält ihn allerdings längst nicht davon ab, dafür eine Menge Geld auszugeben und hochgradig unvernünftig zu sein. Sonst ließe es sich ja nicht erklären, dass man in bestimmten Ländern glaubt, man sei unverwundbar, weil man sich ein bisschen Drachenblut in Revolverform unters Kopfkissen legt. Da schlummert wohl in jedem von uns ein kleiner Siegfried. Bei den Radfahrern ist es der Helm. Wenn man ihn trägt, setzt man auf wundersame Weise die Gesetze der Physik außer Kraft. Da kann man reifenabriebknapp an einer zehnköpfigen Touristengruppe vorbeidonnern und muss trotzdem nicht befürchten, dass man zu Sturz kommt.

Auch nicht, wenn einer in der Gruppe zufällig für seinen Gehstock ein wenig mehr Platz braucht, als unbedingt nötig wäre. Sicher, es könnte sein, dass ein Tourist eventuell vor Schreck tot umfällt, aber ab einem gewissen Alter sollte man halt nicht mehr blöd auf dem Radweg herumstehen. Es war ein Gehsteig? Na ja, man muss ja nicht so kleinlich sein! Der Drachenbluthelm wirkt besonders gut bei jungen, wilden Siegfrieds, die innerlich schon mit dem Porsche unterwegs sind, den sie sich noch nicht ganz leisten können. Bei den meisten wird es aber dann doch eher ein Fahrradanhänger für die Kids. Den Helm tragen sie nur noch, damit der Nachwuchs nicht mit einem querschnittgelähmten Vater aufwachsen muss. Zwanzig Jahre später setzen sich die Väter wieder ihre Drachenbluthelme auf und hoffen, dass sich das mit der Unverwundbarkeit noch ein bisschen ausgeht, bevor so ein jugendliches Gfrast einen niederfährt, weil es glaubt, nur weil es einen Fahrradhelm trägt, kann ihm nichts passieren! 

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