Wien: Scooter weg vom Gehsteig

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Symbolbild. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Bürgermeister Ludwig sieht die E-Scooter als Sicherheitsproblem – und will das Abstellen der Roller auf Gehsteigen verbieten. Dafür sollen neue Parkbereiche kommen.

Wien. Fahren darf man mit ihnen auf dem Gehsteig laut Gesetz sowieso nicht. Bisher aber ist das Abstellen der Leih-E-Scooter auf (breiten) Gehwegen aber sehr wohl erlaubt: Der Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig (SPÖ), möchte die E-Scooter nun aber ganz von den Gehsteigen verbannen.

„Ich halte das für unzumutbar, dass die überall in der Gegend herumstehen und natürlich ein Sicherheitsproblem darstellen“, sagt Ludwig im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA). „Ich bin dabei, mit allen Abteilungen und Ressorts Lösungen zu finden.“ Auch Betreiber seien eingebunden.

In einigen Wochen sollen konkrete Maßnahmen präsentiert werden. Eine solche könnten etwa eigens ausgewiesene Bereiche sein, in denen das Parken der E-Scooter erlaubt ist: „Ich glaube, es wird notwendig sein, bestimmte Zonen festzulegen, wo man das abstellen kann.“ Denn: „Sie können ihr sonstiges Graffelwerk ja auch nicht auf der Straße abstellen.“ Immerhin gebe es auch für Motorräder, Autos und Fahrräder klar ausgewiesene Parkbereiche.

Details, wo diese Abstellflächen entstehen könnten und wie viele es brauchte, sind ebenso offen wie die Frage, wie die Scooter-Nutzer darauf reagieren würden. Immerhin ist einer der großen Vorteile der Leihroller, dass man sie – derzeit – direkt dort abstellen kann, wo man seine Fahrt beendet, und keine eigenen Parkbereiche suchen muss.

An sich hält Ludwig die E-Scooter für ein „neues, modernes Transportmittel, das vor allem von jungen Menschen genutzt wird“. Er habe aber den Eindruck, dass bestehende Regeln nachgeschärft werden müssen. Ludwigs Ankündigung einer Neuregelung wird vom ÖAMTC begrüßt. Auf dem Gehsteig abgestellte E-Scooter seien ein „großes Ärgernis“, so Nikolaus Authried, Jurist beim ÖAMTC. Allerdings gebe es schon jetzt klare Regeln: „Ein Abstellen auf dem Gehsteig ist nur dann erlaubt, wenn dieser breiter als 2,5 Meter ist.“ Eigene Abstellplätze für Scooter, die auf Kosten des „ohnehin knappen Parkraums“ gehen könnten, lehnt der ÖAMTC als Autofahrerklub wenig überraschend aber ab.

Im ersten Bezirk, in dem besonders viele Wiener und Touristen die E-Scooter nützen, gebe es jedenfalls „wahnsinnig viele Beschwerden“ über E-Scooter, heißt es aus dem Büro des Bezirksvorstehers, Markus Figl (ÖVP). Ludwigs Plan, eigene Parkbereiche für Scooter zu schaffen, hält man in Figls Büro für „nicht zu Ende gedacht. Wie das in der Praxis ausschauen soll, ist völlig offen.“ Zudem sei es „sehr schade“, dass man als von den Scootern stark betroffener Bezirk „in die aktuellen Gespräche des Bürgermeisters leider nicht eingebunden“ sei.

Mehr Scooter, mehr Unfälle

Wegzudenken sind die E-Scooter aus der Stadt nur noch schwer, ihr Image ist aber durchaus angeschlagen. Nicht nur, weil sie die Gehsteige verstellen, sondern auch weil sich viele Nutzer nicht an die bestehende Gesetzeslage halten. E-Scooter sind rechtlich Fahrrädern gleichgestellt, dürfen also nur auf der Straße oder Radwegen benutzt werden. Laut einer Analyse des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) fährt aber jeder vierte E-Scooter-Fahrer in Wien unerlaubt auf dem Gehsteig. Der KFV schätzt, dass sich heuer mehr als 1000 E-Scooter-Fahrer im Straßenverkehr verletzen werden.

Denn die Zahl der Leih-E-Scooter, mit denen man mit bis zu 25 km/h unterwegs sein kann, ist heuer rasant gestiegen: Eben ist in Innsbruck der Anbieter Hive mit 150 Leihrollern gestartet, auch in Linz gibt es mittlerweile Hunderte E-Scooter. Wien hat naturgemäß die größte Dichte. Seit den ersten Leihrollern im Herbst 2018 ist das Angebot auf mehrere Tausend gewachsen: Die beiden größten Firmen Lime und Bird haben das erlaubte Maximum mit jeweils 1500 E-Scootern ausgereizt, Tier hat rund 800 auf dem Wiener Markt, dazu kommen noch Hunderte E-Roller von Anbietern wie Hive, Circ oder Wind. Darüber hinaus gibt es auch immer mehr E-Scooter im Privatbesitz.

Auch international werden die Leih-Scooter längst nicht mehr nur als cooles urbanes Fahrzeug gesehen: Mailand etwa hat die E-Scooter nach einer Reihe von schweren Unfällen im August aus der Stadt verbannt, auch in New York sind sie nicht mehr erlaubt, und in Großbritannien dürfen sie auf allen öffentlichen Straßen nicht benutzt werden. (APA/mpm)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2019)

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