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Warum die Kammern im Wahlkampf totgeschwiegen wurden

APA/BUNDESHEER/CARINA KARLOVITS
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2017 haben ÖVP und FPÖ den Sozialpartnern noch den Fehdehandschuh hingeknallt. Im Wahlkampf 2019 war das kein Thema mehr. Sind die Kammern im Leo?

Wurden sie vergessen? Oder war es Absicht? Eigenartig ist es in jedem Fall: Im nun endlich beendeten Wahlkampf kamen die Sozialpartner schlicht und einfach nicht vor. Genau genommen: Arbeiter-, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, von denen ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Wahlkampf 2017 noch verlangt hatte, „effizienter und serviceorientierter“ zu werden. Jene Kammern, deren Pflichtmitgliedschaft die FPÖ abschaffen wollte. Jene Interessenvertretungen, von denen dann im türkis-blauen Regierungsprogramm ultimativ ein Abspecken verlangt wurde. Warum war das jetzt kein Thema mehr? Im 100-Punkte-Programm der ÖVP kommen die Kammern jedenfalls nicht mehr vor. Und im FPÖ-Wahlprogramm findet sich bloß der schlanke Hinweis, dass die „Zwangsmitgliedschaft wenig zeitgemäß“ sei. Auf der blauen To-do-Liste steht lapidar: „Reform des Kammerwesens“. Ist die Politik also eingeknickt?

Sagen wir so: Die Erfahrungen mit dem Thema waren in den vergangenen beiden Jahren nicht die besten. ÖVP und FPÖ hatten sich im Wahlkampf 2017 auf die Kammern regelrecht eingeschossen (jedenfalls im Vergleich zu den vergangenen Wochen). Als es dann zu Koalitionsverhandlungen kam, pochten die Blauen auf die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei den Interessenvertretungen. Die ÖVP allerdings hatte protestierende schwarze Kammerfunktionäre am Hals, man einigte sich also auf einen Kompromiss. Im Regierungsübereinkommen, das übrigens auf 180 Seiten nicht ein einziges Mal den Begriff „Sozialpartnerschaft“ erwähnte, wurde den Kammern ein Ultimatum gestellt: entweder sie legen bis Mitte 2018 ein Rationalisierungsprogramm mit entsprechenden Beitragskürzungen vor. Oder die Regierung erledigt das für sie.

Die Sache wurde charmant-österreichisch beendet: Es passierte weder noch. Die Wirtschaftskammer berief sich wohl auf jene (Mini-)Reformen, die Christoph Leitl als scheidender Kammerpräsident noch in die Wege geleitet hatte, und die Einsparungen von jährlich 134 Millionen Euro bringen soll. Die Landwirtschaftskammer lobte sich ebenso für bereits gestartete Einsparungen. Und die Arbeiterkammer zog überhaupt alle Register: In einer groß angelegten Kampagne ließ sie ihre Mitglieder befragen. Letztlich ist herausgekommen, dass die Arbeiterkammer natürlich nicht im Traum daran denkt, ihre Beiträge von 0,5 Prozent des Bruttolohns kürzen zu lassen. Dafür kündigte Arbeiterkammer-Chefin Renate Anderl selbstbewusst an, für das üppig eingenommene Geld mehr leisten zu wollen. Streng genommen ist das natürlich keine Reform, aber wer will schon streng sein.

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