Historische Gebäude

Wohnen mit viel Geschichte

Altehrwürdiger Dachstuhl in neuem Glanz: revitalisierter Wohnraum mit historischen Details.
Altehrwürdiger Dachstuhl in neuem Glanz: revitalisierter Wohnraum mit historischen Details.(c) Getty Images/iStockphoto (hanohiki)
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Das Leben in altehrwürdigen Mauern ist für viele ein Wunschtraum. Doch der Weg dahin kann steinig sein – vor allem, wenn man selbst mit- und umgestalten möchte.

Alte, dicke Mauern, prasselndes Kaminfeuer, Flügeltüren und leicht knarrendes Parkett – so sieht der Traum vieler Wohnungssuchender aus. Doch je älter Gebäude sind, umso kleiner und verwinkelter sind sie oft, mit kleinen Fenstern und niedrigen Türstöcken. Für die Bezeichnung „historisches Gebäude“ ist übrigens laut Denkmalamt keine spezielle Jahreszahl ausschlaggebend, und auch nicht dafür, ob es unter Denkmalschutz gestellt wird. Wichtig dagegen: „Es ist von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung, seine Erhaltung im öffentlichen Interesse.“

Blick ins Grundbuch

Möchte man ein altes Haus langfristig mieten oder kaufen, sollte man zuallererst, wie es Rechtsanwalt Christian Schneider formuliert, „einen Blick ins Grundbuch werfen. Dort findet man nicht nur die genauen Eigentumsverhältnisse und etwaige Belastungen, die auf Haus oder Grundstück liegen, sondern erfährt auch, ob das Objekt unter Denkmalschutz steht.“ Genauso unerlässlich ist es, sich das Haus aus bauphysikalischer Sicht anzusehen. Vor einem Kauf sollte man sich also an einen Fachmann seines Vertrauens wenden – einen Architekten oder Baumeister, der das Wunschhaus auf etwaige Schäden hin untersucht.

„In den meisten Fällen ist die Bausubstanz alter Häuser in tadellosem Zustand“, weiß Architekt Stefan Tenhalter aus Erfahrung. „Natürlich kann Feuchtigkeit auftreten, wenn das Haus etwa nicht unterkellert ist und aus Ziegeln erbaut worden ist, aber die meisten Probleme lassen sich mit mehr oder weniger Aufwand lösen.“

Ähnlich sieht das Architekt Bernhard Frodl: „Die meisten alten Häuser sind solide gebaut worden.“ Doch unsachgemäße Umbauten oder Vernachlässigung können dem Bestand durchaus zugesetzt haben. Wichtig auch: der Standort. Liegt das Gebäude etwa in Schwemmland, ist Feuchtigkeit ein Thema. Auch Risse im Mauerwerk können auftreten.
Steht ein Haus unter Denkmalschutz, gibt es natürlich bestimmte Einschränkungen bei Umbau oder bei der Renovierung. „Man sollte das Denkmalamt als Servicestation mit den entsprechenden Fachleuten betrachten“, empfiehlt Frodl. Vor allem, wenn das alte Gemäuer schon sehr hinfällig ist. „Ein Haus zu renovieren und wieder bewohnbar zu machen, bedeutet natürlich mehr Aufwand und ist eine gewisse Gratwanderung, aber sinnvolle Änderungen sind durchaus im Rahmen des Denkmalschutzes möglich“, erläutert Frodl.

Widmung beachten

Das Denkmalamt lässt also mit sich reden – so der gewünschte Umbau den Charakter des Hauses nicht zerstört. Auch bei einer sinnvollen Umwidmung – um etwa aus einem alten Stadel ein Wohnhaus zu machen – stößt man im Denkmalamt auf offene Ohren, da eine Erhaltung letztlich immer noch besser ist als eine Ruine.

Apropos Widmung: Hat man ein altes Bauernhaus ins Visier genommen, heißt es sich doppelt informieren. Denn „viele genießen einen widmungsrechtlichen Sonderstatus: Sie dürfen nur landwirtschaftlich genützt werden“, erklärt Anwalt Christian Schneider und fügt hinzu, wo man sich schlau machen kann: „Das geht aus dem Flächenwidmungsplan hervor.“ Ob unter Denkmalschutz oder nicht, „jeder Umbau sollte mit dem nötigen Respekt gegenüber dem Bestand erfolgen“, appelliert Tenhalter. Nur dann könne das alte Gemäuer bei allem modernen Komfort die „Geschichte atmen“, die es einzigartig macht, und das könne auch seinen etwaigen Wiederverkaufswert steigern. Besonders wichtig: die Wahl der geeigneten Materialien, die zum Bestand passen. „Einen Vollwärmeschutz aus Styropor oder Styrodur auf alten Ziegelhäusern anzubringen ist in meinen Augen bauphysikalischer Unsinn – und absolut nicht notwendig“, erklärt Tenhalter. Das Haus könne nicht mehr atmen, Feuchtigkeit und Schimmel seien die Folgen. Frodl plädiert dafür, neben passenden Materialien möglichst alte Bautechniken einzusetzen. „Man sollte es selbst dann, wenn das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, so weit wie möglich erhalten.“ Auch im Inneren, was Kalkputz an den Wänden und alte Holzböden betrifft. Das Gleiche gelte für Fenster, die meist erneuert werden müssen. „Plastikfenster statt Holzfenster in einem alten Haus einzubauen ist das Irrste, was man machen kann“, ist der Experte überzeugt.

Die oft geringe Fenstergröße trifft indes häufig auf den Wunsch nach hellen Räumen. Hier könne man „von Fall zu Fall entschieden, denn es gibt Häuser, die durchaus größere Fenster vertragen, ohne ihren Charakter zu verändern“, weiß Tenhalter. Die Kombination von alt und neu müsse zu Haus und Besitzer passen. Ob ein knarrender Boden störe oder als Qualitätsmerkmal gesehen werde, sei ebenso individuell unterschiedlich wie Dachschrägen oder Fenstergrößen. „Wichtig ist, das die Atmosphäre stimmt.“

TO-DO-LISTE

• Einblick in das Grundbuch nehmen (am besten mit einem Anwalt). Steht das Haus unter Denkmalschutz?

• Zuziehen eines Fachmanns (Architekt/Baumeister), um den bauphysikalischen Zustand festzustellen. Unter Umständen auch einen Statiker um Rat fragen.

• Achten auf die Lage des Hauses, auf Feuchtigkeit oder Risse im Mauerwerk.

• Gegebenenfalls mit dem Denkmalamt Kontakt aufnehmen.

• Bei Bauernhäusern: In jedem Fall den Flächenwidmungsplan einsehen, um sicher zu sein, dass man das Haus auch nur für Wohnzwecke nutzen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2019)

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