Die Freiheitlichen in der Strache-Krise - und Hofer hat noch immer Fieber

Norbert Hofer: Seit zwei Wochen hat er hohes Fieber.
Norbert Hofer: Seit zwei Wochen hat er hohes Fieber. APA/AFP/JOE KLAMAR
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Die FPÖ feiert das Ende des Wahlkampfs – aber weniger euphorisch als sonst. Die Spesencausa wirkt nach.

Es muss sich ja nicht gleich alles ändern in der FPÖ. Also fand die Wahlkampf-Abschlussparty der Partei auf gewohntem Territorium statt: dem Viktor-Adler-Markt im zehnten Wiener Bezirk. Ein Heimspiel für die FPÖ, sozusagen.

Und doch war an diesem Freitagabend etwas anders. Nicht nur, weil seit mehr als einem Jahrzehnt nicht Heinz-Christian Strache als Hauptgast angekündigt wird. Sondern auch wegen der Menschen, die den Reden nicht aufmerksam zuhören. Wegen der Menschenmenge, die kleiner als in der Vergangenheit wirkt. Das sagt auch ein Besucher, der schon öfters bei den Kundgebungen war. Früher übrigens als überzeugter FPÖ-Wähler, nach Ibiza ist er nur noch zufällig vorbeigekommen.

Die vergangenen Monate, aber vor allem die vergangene Woche haben an den Freiheitlichen gezehrt. Norbert Hofer merkt man es am meisten an: Seit zwei Wochen hat er hohes Fieber. Nur Medikamente lassen es zu, dass er noch auf der Bühne steht. Er wirkt angeschlagen und klingt heiser. Man hat Mühe, ihn zu verstehen. Viele machen sie sich nicht. Aber zugegeben: Der Vergleich wird mit den vergangenen Veranstaltungen in den jüngsten erfolgreichsten FPÖ-Jahren gezogen. Natürlich wird trotzdem gejubelt, wenn Hofer auf die Bühne kommt und Werner Otti die inoffizielle Hymne „Immer wieder Österreich“ anstimmt. Aber das eine Thema, die eine Person schwirrt irgendwie trotzdem immer mit. Die John-Otti-Band geht auch selbstironisch damit um und spielt „Braungebrannte Haut“ von Nick P. Textbeginn: „Es war ein heißer Sommertag, ich war am Strand von Ibiza . . .“

Gerade als die FPÖ versucht hatte, einen Schlussstrich unter den Ibiza-Skandal zu ziehen, wurde die nächste Affäre publik. Und auch dieses Mal betrifft sie den langjährigen Parteichef und Ex-Vizekanzler, Heinz-Christian Strache. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts der Untreue – es gilt die Unschuldsvermutung. Strache soll jahrelang systematisch und unabgesprochen private Spesen der Wiener Landespartei verrechnet haben. Obwohl er über ein Spesenkonto von monatlich 10.000 Euro verfügte. Die FPÖ sorgt sich darum, dass ihre Anhänger demobilisiert werden könnten.

„Vorwürfe gehören allesamt überprüft“

Also versucht Ex-Innenminister Herbert Kickl am Viktor-Adler-Markt ein Best-of seiner Wahlkampfreden vorzubringen: „Freiheitliche For Future ist alles was es braucht“, sagt er. Sollt er wieder ins Innenministerium kommen, werde er dort in den Keller gehen, „das Ausreisezentrum-Schild holen und es eigenhändig wieder in Traiskirchen aufhängen“. Er erzählt wie er „dem Kardinal“ gesagt hat, er müsse selbst einmal menschlich sein – „bei der Kirchensteuer“. Und Österreich brauche einen richtigen Zaun. „Aber einen à la Viktor Orbán“. Und es gibt ein Ziel am Wahlsonntag: Platz zwei, vor der SPÖ.

So wie Hofer später spricht auch er Strache indirekt an: „Die Vorwürfe gehören allesamt überprüft“, sagt Kickl. Wer sich etwas zu schulden kommen lasse, müsse auch die Konsequenzen daraus ziehen.
Schon kommende Woche könnte es soweit sein: Dann will die FPÖ entscheiden, wie es mit Straches Parteimitgliedschaft weitergeht. Allerdings erst am Dienstag, denn traditionell gibt es nach dem Wahlsonntag den „blauen Montag“. Wie gesagt: Es muss sich ja nicht alles ändern in der FPÖ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2019)

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